Amnesty Report Montenegro 20. Mai 2017

Montenegro 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Aus den Parlamentswahlen im Oktober 2016 ging die von Milo Djukanović geführte Regierungskoalition als Sieger hervor. Unabhängige Wahlbeobachter berichteten von Unregelmäßigkeiten in Dutzenden Wahllokalen.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Im Januar und Juni 2016 nahm Montenegro zwei ehemalige Häftlinge des US-amerikanischen Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf.

Im Oktober 2016 unterzeichnete die Regierung das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus, um das Problem "ausländischer Terrorkämpfer" anzugehen.

DISKRIMINIERUNG – LESBEN, SCHWULE, BISEXUELLE, TRANSGESCHLECHTLICHE UND INTERSEXUELLE

Im Mai 2016 reichten zwei Organisationen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen (LGBTI) einsetzen, vor einem Verwaltungsgericht Klage gegen das Innenministerium ein. Sie warfen dem Ministerium vor, das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt zu haben, indem es den Polizeibehörden 2015 gestattet hatte, eine Pride Parade in Nikšić, der zweitgrößten Stadt Montenegros, drei Mal in Folge zu verbieten. Die erste Klage der Organisationen war vom Ministerium abgewiesen worden. Im Juni lehnte auch das Gericht die Forderungen der Kläger ab. Die Organisationen wandten sich daraufhin an das Verfassungsgericht, um eine Überprüfung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens des Ministeriums zu erwirken.

VERSCHWINDENLASSEN

Ende 2016 hatten die Behörden noch keine Maßnahmen ergriffen, um die Empfehlung des UN-Ausschusses über das Verschwindenlassen umzusetzen, Verschwindenlassen als eigenständige Straftat in das Strafgesetzbuch aufzunehmen. Auch sorgten die Behörden weder dafür, dass Betroffene Zugang zur Justiz und zu Entschädigungen erhielten, noch stellten sie sicher, dass der anhaltenden Verbreitung von Fällen des Verschwindenlassens auch im Strafrechtssystem Rechnung getragen wurde. Das Schicksal und der Verbleib von 61 Personen, die seit den bewaffneten Konflikten in den Jahren 1991 bis 1999 im ehemaligen Jugoslawien als vermisst gelten, wurden nicht untersucht.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG – JOURNALISTEN

Journalisten erhielten nach wie vor Drohungen, und es kam zur mutwilligen Zerstörung von Medienbüros. Im Juni 2016 kündigte der Innenminister Änderungen des Strafgesetzbuchs an, um gegen die herrschende Straflosigkeit bei Angriffen auf Journalisten vorzugehen. Ende des Jahres lag noch kein entsprechender Gesetzentwurf vor.

Ende Oktober 2016 wurde das Verfahren gegen Jovo Martinović eröffnet, eines investigativen Journalisten, der seit Oktober 2015 inhaftiert ist. Ihm wird vorgeworfen, in das kriminelle Netzwerk verstrickt zu sein, um das es bei seinen Recherchen ging. Menschenrechtsorganisationen und Journalistenvereinigungen äußerten die Befürchtung, dass er aufgrund seiner investigativen Arbeit unter Anklage stand.

FLÜCHTLINGE UND BINNENVERTRIEBENE

Für mehr als 1600 Flüchtlinge, die während des Konflikts im ehemaligen Jugoslawien nach Montenegro geflüchtet waren, gab es 2016 noch immer keine dauerhafte Lösung. Sie lebten nach wie vor unter unzureichenden Bedingungen in Lagern ohne Zugang zu umfassenden Integrationsprogrammen. Die Flüchtlinge, in der Mehrzahl Roma aus Serbien bzw. dem Kosovo, erhielten keine angemessene Unterstützung, um einen offiziellen internationalen Schutzstatus, die Staatsbürgerschaft oder ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erlangen zu können. Dadurch war ihnen der Zugang zu grundlegenden Leistungen wie Gesundheitsfürsorge und Beschäftigungsangeboten verwehrt.

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