Amnesty Report 18. Mai 2017

Lesotho 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die auf den Putschversuch im Jahr 2014 und die Tötung des Kommandeurs der Streitkräfte im Jahr 2015 folgende politische Instabilität hielt weiter an. Mehrere Mitglieder von Oppositionsparteien lebten weiterhin im Exil. Das Recht auf freie Meinungsäußerung war nach wie vor stark eingeschränkt. Angesichts von Einschüchterungen, tätlichen Angriffen und politisch motivierten Anklagen im Zusammenhang mit ihren beruflichen Aktivitäten sahen sich einige Journalisten gezwungen, außer Landes zu fliehen. Die Rechte auf Gesundheit und einen angemessenen Lebensstandard wurden nicht gewährleistet.

POLITISCHE INSTABILITÄT

Im Februar 2016 wurde der Bericht der Untersuchungskommission der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (Southern African Development Community – SADC) über das Königreich Lesotho veröffentlicht. Die Kommission hatte die Umstände der Tötung des ehemaligen Kommandeurs der Streitkräfte von Lesotho (Lesotho Defence Forces – LDF), Generalleutnant Maaparankoe Mahao, untersucht. Maaparankoe Mahao wurde im Juni 2015 von Soldaten erschossen, nachdem er aus den Streitkräften entlassen und durch Generalleutnant Tlali Kamoli ersetzt worden war. Aussagen der Soldaten zufolge hatte Maaparankoe Mahao auf sie geschossen, als sie versuchten, ihn wegen des Verdachts der Planung eines Armeeputsches festzunehmen. Die SADC-Untersuchungskommission fand jedoch keine eindeutigen Beweise zur Erhärtung dieses Verdachts und folgerte, dass er vorsätzlich getötet wurde. Die Kommission empfahl, strafrechtliche Ermittlungen gegen die mutmaßlich für die Ermordung Verantwortlichen einzuleiten und Tlali Kamoli aus seinem Amt zu entlassen. Die Regierung gab bekannt, dass Tlali Kamoli am 1. Dezember 2016 in den Ruhestand versetzt worden sei.

Regierungschef Bethuel Pakalitha Mosisili beauftragte eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Vertretern von Polizei und Armee mit der Untersuchung der Umstände der Tötung von Maaparankoe Mahao. Dessen Familie lehnte die Gruppe jedoch ab, weil sie nicht unparteiisch sei.

Die Teilnehmer des SADC-Gipfeltreffens im Juni 2016 forderten die Oppositionsführer, die im Jahr 2015 nach Morddrohungen aus Lesotho geflohen waren, eindringlich auf, bis August 2016 wieder in ihr Land zurückzukehren und sich an den von SADC empfohlenen Verfassungs- und Sicherheitsreformen zu beteiligen. Im November 2016 legte die Regierung einen Entwurf für ein Amnestiegesetz vor, das, wenn es verabschiedet wird, bei schweren Menschenrechtsverletzungen Straffreiheit gewähren würde.

UNFAIRE GERICHTSVERFAHREN

15 LDF-Angehörige, die im Mai 2015 wegen "Aufwiegelung" und "Meuterei" angeklagt worden waren, blieben weiterhin im Hochsicherheitsgefängnis in Maseru inhaftiert, obwohl die SADC-Untersuchungskommission keine belastbaren Beweise für eine Meuterei gefunden und empfohlen hatte, die Soldaten auf freien Fuß zu setzen. Im Oktober 2015 hatte das Hohe Gericht angeordnet, alle Soldaten gegen Kaution aus der Haft zu entlassen (open arrest), doch wurden nur sieben von ihnen freigelassen. Nachdem Tlali Kamoli der gerichtlichen Anordnung nicht gefolgt war, wurde er wegen Missachtung des Gerichts angeklagt. Am 29. April 2016 wies das Berufungsgericht einen Antrag der noch inhaftierten Soldaten zurück, gleichfalls gegen Kaution freigelassen zu werden, und hob damit das Urteil des Hohen Gerichts auf. Das Militärgerichtsverfahren gegen die inhaftierten Soldaten wurde wiederholt verschoben. Die fünf Rechtsbeistände, die die inhaftierten Soldaten vertraten, erhielten Morddrohungen. Einer der Anwälte wurde festgenommen und wegen eines angeblichen Meineids in Ausübung seines Amtes als Rechtsbeistand der inhaftierten Soldaten angeklagt. Als weitere Anklagepunkte kamen Betrug, Missachtung des Gerichts und Behinderung der Justiz hinzu.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Die inhaftierten LDF-Soldaten waren weiterhin grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung unterworfen. Nachdem die Kinder der Inhaftierten am 16. Juni 2016 einen Marsch organisiert hatten, kamen einige der Soldaten in Einzelhaft. Zudem erhielten sie einen Tag lang kein Essen. Einem der inhaftierten Soldaten wurde die notwendige fachärztliche Behandlung verweigert, und einige wurden in Fußfesseln gelegt. Der Arzt Makoae Taoana, der die Soldaten nach ihrer Festnahme und Folter untersucht hatte, starb im Juli bei einem Unfall unter ungeklärten Umständen. Die Polizei gab bekannt, dass sie die Umstände seines Todes untersuche.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG

Journalisten, die für Rundfunk sowie Print- und soziale Medien arbeiteten, waren weiterhin tätlichen Angriffen und Drangsalierungen ausgesetzt. Am 23. Juni 2016 wurde Keiso Mohloboli, eine Reporterin der Wochenzeitung Lesotho Times, in der Polizeizentrale von Maseru vernommen und aufgefordert, ihre Quellen offenzulegen, nachdem sie in einem Beitrag geschrieben hatte, dass Tlali Kamoli eine Abfindung in Höhe von 50 Mio. Rand (etwa 3,2 Mio. Euro) erhalten solle. Am darauffolgenden Tag wurde sie festgenommen und zusammen mit dem Herausgeber der Lesotho Times, Lloyd Mutungamiri, verhört. Am 5. Juli wurden Lloyd Mutungamiri und der Verleger der Lesotho Times, Basildon Peta, vernommen. Gegen Basildon Peta wurde wegen "Diffamierung" und anderer damit zusammenhängender Straftaten Anklage erhoben. Auslöser der Anklagen war eine satirische Zeitungskolumne über Tlali Kamoli. Am 9. Juli griffen unbekannte Bewaffnete Lloyd Mutungamiri auf dem Zufahrtsweg zu seinem Haus an und verletzten ihn. Es ist nicht bekannt, ob der Vorfall Ermittlungen nach sich zog. Lloyd Mutungamari war bereits im September 2014 wegen eines Berichts über Korruption bei der Polizei "Diffamierung" vorgeworfen worden. Über die weiteren Entwicklungen in diesem Fall liegen jedoch keine Informationen vor. Keiso Mohloboli floh außer Landes, weil sie um ihr Leben fürchtete.

RECHT AUF GESUNDHEIT

Das öffentliche Gesundheitssystem befand sich in einer sich verschärfenden Krise. Ursache dafür war in erster Linie die Verschuldung gegenüber Südafrika und der Weltbank, die aus der Aufnahme von Krediten für Gesundheitsprogramme resultiert. Patienten, die nicht in der Lage waren, die infolge der Schuldentilgung gestiegenen Krankenhauskosten zu bezahlen, wurde geraten, sich im benachbarten Südafrika kostenlos behandeln zu lassen. Zuschüsse zu den Reisekosten wurden ihnen jedoch nicht gewährt.

RECHT AUF ANGEMESSENEN LEBENSSTANDARD

Im Zuge der Bauarbeiten am Polihali-Staudamm wurden Dorfbewohner und ihr Vieh in der Stadt Mokhotlong neu angesiedelt. Auch die Grabstätten der Verstorbenen wurden dorthin verlegt. Der Staudamm, eines der größten Entwicklungsprojekte in Lesotho, soll Südafrika mit Wasser versorgen. Da den umgesiedelten Dorfbewohnern in Mokhotlong nur eine begrenzte Fläche zur Verfügung stand, verloren sie ihre auf Viehwirtschaft und Subsistenzlandwirtschaft basierenden Lebensgrundlage. Menschen, die in der Nähe des Staudamms lebten, hatten auch weiterhin keinen Zugang zu sauberem Leitungswasser und Elektrizität.

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