Amnesty Report Papua-Neuguinea 28. März 2023

Papua-Neuguinea 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Bei Gewaltausbrüchen rund um die Parlamentswahlen wurden zahlreiche Menschen getötet. Die Medienfreiheit wurde durch die Entlassung von Journalist*innen und neue Einschränkungen ihrer Tätigkeit untergraben. Es wurden Gesetze gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt verabschiedet, doch Berichten zufolge war das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen und Mädchen weiterhin hoch. In manchen Fällen wurden Frauen wegen vermeintlicher "Hexerei" attackiert. Der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung war weiterhin stark eingeschränkt. Die Todesstrafe wurde abgeschafft.

Hintergrund

Im Februar 2022 bestätigte das Parlament das Gesetz zur Änderung des Klimaschutzgesetzes von 2021 (Climate Change [Management] [Amendment] Act 2021). Das Gesetz regelt die Ausrufung des Klimanotstands und zielt darauf ab, den Zugang zu Geldern für die Klimaanpassung zu vereinfachen und nationale Pläne gemäß den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zu aktualisieren. Im Oktober fand der erste nationale Gipfel zum Klimawandel mit Vertreter*innen aus Regierung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft statt, auf dem die Prioritäten für Anpassungsmaßnahmen und Klimaschutz bekräftigt wurden.

Die im August 2022 durchgeführten Parlamentswahlen waren vielerorts von gewaltsamen Ausschreitungen begleitet, wodurch schätzungsweise 90.000 Menschen vertrieben sowie Schulen und andere öffentliche Gebäude beschädigt oder zerstört wurden.

Recht auf Leben

Die zwischen Mai und August 2022 im Zusammenhang mit den Wahlen ausgebrochene Gewalt wurde durch die bereits existierenden Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen noch angeheizt und hatte schätzungsweise 50 Todesopfer zur Folge.

Im Juli 2022 erschoss die Polizei eine 22-jährige Frau in einem Wahllokal in der Hauptstadt Port Moresby. Laut Angaben der Polizei sind in diesem Fall Ermittlungen eingeleitet worden, doch wurde bis zum Jahresende noch niemand angeklagt.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im Februar 2022 entließ der Fernsehsender EMTV alle 24 Mitarbeitenden seiner Nachrichtenredaktion, nachdem diese aus Protest gegen die Suspendierung von Sincha Dimara, der Leiterin der Abteilung für Nachrichten und aktuelle Themen, ihre Arbeit eingestellt hatten. Sincha Dimara wurde suspendiert und später entlassen, nachdem sie kritisch über die polizeilichen Ermittlungen im Fall eines einflussreichen australischen Wirtschaftsmagnaten berichtet hatte, dem Schusswaffenbesitz und andere illegale Aktivitäten vorgeworfen wurden.

Am 31. August 2022 schaltete das Büro des Premierministers Anzeigen in zwei Tageszeitungen, in denen es hieß, dass er keine direkten Anfragen von Medienvertreter*innen mehr entgegennehmen würde und Journalist*innen ihre Fragen schriftlich einreichen sollten. Im September wurden restriktivere Verfahren für Visumanträge ausländischer Journalist*innen angekündigt.

Frauenrechte und geschlechtsspezifische Gewalt

Im Januar 2022 verabschiedete das Parlament Änderungen des Familienschutzgesetzes und erweiterte damit u. a. die Definition dessen, was als tätlicher Angriff, psychische Misshandlung, sexualisierte Gewalt und schwere Gewalt in der Familie gilt. Außerdem wurden die Gerichtsgebühren für Anträge auf Schutzanordnungen abgeschafft. Diskriminierung von Frauen und geschlechtsspezifische Gewalt waren allerdings dennoch allgegenwärtig.

Im April 2022 veröffentlichte ein im Jahr 2020 eingesetzter parlamentarischer Sonderausschuss seinen Abschlussbericht zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt. Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehörte, dass die für den Schutz von Frauen bereitgestellten finanziellen Mittel, z. B. in den Bereichen Gesundheit, Polizeiarbeit, Beratung, sichere Unterkünfte und Strafverfolgung, deutlich zu gering sind. Bis zum Jahresende hatte die Regierung noch keine Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen des Ausschusses ergriffen, zu denen auch die Forderung gehörte, eine bessere Vertretung von Frauen im Parlament zu gewährleisten. Unter den 118 im August 2022 gewählten Abgeordneten befanden sich nur zwei Frauen. Auch in anderen Bereichen des politischen und öffentlichen Lebens waren Frauen weiterhin stark unterrepräsentiert.

Im Januar 2022 verabschiedete das Parlament Änderungen des Strafgesetzbuchs. Damit wurde unter Strafe gestellt, Personen der "Hexerei" zu bezichtigen oder zu behaupten, im Besitz übernatürlicher Kräfte zu sein und "Hexen" oder "Hexer" identifizieren zu können. Dennoch gab es weiterhin Berichte, denen zufolge vor allem Frauen und Mädchen wegen angeblicher "Hexerei" angegriffen wurden. Im Juli 2022 griffen Dorfbewohner*innen in der Provinz Enga etwa zwölf Frauen an, darunter eine Schwangere, die sie der "Hexerei" bezichtigten. Die Frauen wurden sexualisierter Gewalt unterzogen und dann mit Petroleum übergossen und angezündet. Vier der Frauen starben, andere erlitten schwere Verletzungen.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Oktober 2021 hatten die Regierungen von Papua-Neuguinea und Australien das Abkommen beendet, auf dessen Grundlage Australien Bootsflüchtlinge nach Papua-Neuguinea geschickt hatte. Dennoch verblieben etwa 100 Flüchtlinge und Asylsuchende in Papua-Neuguinea. Die australische Regierung stellte Papua-Neuguinea weiterhin finanzielle Mittel zur Verfügung, lehnte jedoch jegliche Verantwortung für die dort verbliebenen Personen ab.

Recht auf Gesundheit

Ende 2022 waren nur etwa 5 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Gesundheitseinrichtungen, insbesondere in ländlichen Gebieten, wurden durch die Gewaltausbrüche im Zusammenhang mit den Wahlen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen stark in Mitleidenschaft gezogen, und einige Kliniken mussten geschlossen werden.

Todesstrafe

Im April 2022 traten Änderungen des Strafgesetzbuchs in Kraft, mit denen die Todesstrafe abgeschafft wurde.

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