Amnesty Report Malediven 29. März 2022

Malediven 2021

Schlange aus wartenden Menschen am Straßenrand vor einem Gebäude. Im Hintergrund befinden sich weitere Gebäude.

Malediver_innen stehen am 15. März 2021 vor einem Impfzentrum in Malé, Malediven, an, um den COVID-19-Impfstoff zu erhalten.

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde 2021 weiter eingeschränkt. Die Straflosigkeit, die islamistische Gruppen genossen, hatte eine abschreckende Wirkung auf Zivilgesellschaft und Opposition.

Hintergrund

Die Inselgruppe war nach wie vor durch die Folgen des Klimawandels bedroht und litt zunehmend unter Überschwemmungen, Erosion und Süßwasserknappheit. Die Regierung der Malediven verpflichtete sich, bis 2030 die Emissionen auf Netto-Null zu reduzieren, sofern sie die erforderliche technische und finanzielle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft erhält. Die Malediven gehören zu den Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, was wiederum die Rechte der Bewohner_innen beeinträchtigt.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Während des gesamten Jahres 2021 ging die Polizei häufig scharf gegen Proteste vor, insbesondere gegen Demonstrationen politischer Oppositionsgruppen. Medienschaffende, die über Proteste berichteten, wurden von der Polizei ebenfalls angegriffen oder schikaniert. Die Polizei löste die Demonstrationen unter Berufung auf das Versammlungsgesetz von 2016 und Corona-Gesundheitsmaßnahmen auf.

Das neue Beweismittelgesetz enthielt eine besorgniserregende Bestimmung, nach der Journalist_innen gezwungen werden können, ihre Quellen preiszugeben, was gegen die Medienethik und das Recht auf freie Meinungsäußerung verstößt.

Am 6. Mai 2021 explodierte vor dem Haus des ehemaligen Präsidenten Mohamed Nasheed eine Bombe. Mohamed Nasheed, aktuell Sprecher des maledivischen Parlaments, hatte sich zuvor kritisch über mutmaßliche Korruption und extremistische Gruppen auf den Malediven geäußert. Bei der Explosion wurden er und vier weitere Personen schwer verletzt. Medienberichten zufolge erklärte die Polizei "Sympathisant_innen des Islamischen Staats" für den Anschlag verantwortlich.

Die Ermittlungen gegen die NGO Maldivian Democracy Network (MDN) wurden fortgesetzt. Der Organisation war im November 2019 von den Behörden die Genehmigung entzogen worden. Im Anschluss wurde sie verboten, und ihre Bankkonten wurden 2020 aufgelöst. Gegenstand der Ermittlungen waren Vorwürfe der Blasphemie gegen den Islam im Zusammenhang mit einem Bericht, den MDN 2016 veröffentlicht hatte. Ende 2021 stand eine gründliche, unparteiische und transparente Untersuchung der erzwungenen Schließung von MDN noch aus.

Die Regierung nahm auch 2021 keine Stellung dazu, dass die Frauenrechtsorganisation Uthema im April 2020 von extremistischen Gruppen ins Visier genommen worden war. Die Gruppen forderten ein Verbot von Uthema und bezeichneten die Organisation als "islamfeindlich". Die Behörden blieben untätig, obwohl Uthema die Regierung aufgefordert hatte, einen Dialog mit diesen Gruppen zu ermöglichen.

Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit

Im Mai 2021 wurde im Parlament ein Gesetzentwurf zur Kriminalisierung von Hassreden vorgelegt. In den Medien hieß es, der Gesetzentwurf richte sich gegen konservative muslimische Gruppen und die Abgeordnete, die ihn vorgelegt habe, sei von diesen Gruppen bedroht worden.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Am 15. Januar 2021 ernannte Präsident Solih drei Ombudspersonen für die Ombudsstelle zur juristischen Aufarbeitung der Vergangenheit, die im Rahmen des Gesetzes zur Übergangsjustiz von 2020 eingerichtet worden war. Dem Büro des Präsidenten zufolge soll das Gesetz dazu dienen, der Kultur der Straflosigkeit ein Ende zu bereiten, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken, zukünftigen Machtmissbrauch zu verhindern und Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverstößen, die zwischen dem 1. Januar 1953 und dem 17. November 2018 begangen wurden, zu bieten.

Am 24. April 2021 kam es zu Demonstrationen, auf denen die Teilnehmenden ihrer Besorgnis über die Zunahme von Belästigungen und Gewalt gegen Frauen und Kinder im Land Ausdruck verliehen. Dies geschah vor dem Hintergrund des Versagens der Regierung, Frauen und Kinder zu schützen und Fälle von Belästigung und Gewalt ordnungsgemäß zu untersuchen. Demonstrierende gaben an, die Polizei habe ihnen mit Festnahme gedroht.

Ebenfalls im April, sieben Jahre nach dem Verschwinden des Journalisten Ahmed Rilwan, erklärte die Präsidialkommission zur Untersuchung von Mord und Verschwindenlassen (DDCom), dass es neue Entwicklungen in diesem Fall gebe, die der Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt würden.

Im Verfahren gegen sechs Männer, die der Beteiligung an der Ermordung des Bloggers Yameen Rasheed 2017 beschuldigt werden, kam es zu Verzögerungen. Im Februar 2021 äußerte sich die Familie von Yameen Rasheed besorgt über die Nachlässigkeit und Fahrlässigkeit, mit der das Verfahren von der Staatsanwaltschaft behandelt wurde. Im April forderte die DDCom die Behörden auf, das Verfahren zu beschleunigen.

Zum Jahresende gab es noch keine transparenten, gründlichen, unabhängigen und unparteiischen Untersuchungen zum Fall von Mohamed Aslam, einem Häftling, der am 13. September 2021 im Gefängnis von Hulhumalé gestorben war. Dies galt auch für die Vorwürfe der Folterung von Ahmed Siraj in Polizeigewahrsam im Jahr 2020.

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