Amnesty Report Honduras 29. März 2022

Honduras 2021

Menschen mit Kanistern stehen an in einer Schlange vor einem Lastwagen.

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Menschenrechtsverteidiger_innen waren weiterhin Angriffen und unbegründeten Strafverfahren ausgesetzt. Die Behörden blockierten den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen und zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Exzessive Gewaltanwendung durch Ordnungskräfte blieb weiterhin straffrei.

Hintergrund

Am 28. November 2021 fanden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt, und die frisch gewählte Präsidentin Xiomara Castro sollte ihr Amt im Januar 2022 antreten. Die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen (Zonas de Empleo y Desarrollo Económico), die von Steuerbefreiungen und eigenen Sicherheitsregeln profitierten, löste Proteste aus, weil dabei das Recht der indigenen und afro-honduranischen Gemeinschaften auf freie, vorherige und informierte Zustimmung nicht respektiert worden war. Tausende Honduraner_innen, die von den Wirbelstürmen Eta und Iota sowie von Gewalt und Armut betroffen waren, sahen sich gezwungen, das Land in Richtung Norden des amerikanischen Kontinents zu verlassen.

Straflosigkeit und exzessive Gewaltanwendung

Im Februar 2021 starb Keyla Martínez in Polizeigewahrsam an Erstickung. Sie war inhaftiert worden, weil sie die wegen der Coronapandemie verhängte Ausgangssperre missachtet hatte. Berichten zufolge unterdrückte die Polizei Proteste, bei denen die Aufklärung ihres Todes gefordert wurde.

Die Strafverfahren gegen Jhony Salgado, Edwin Espinal, Raúl Álvarez sowie gegen weitere 2017/18 bei der Niederschlagung der Proteste nach den Wahlen willkürlich festgenommene Personen wurden fortgeführt. Die von Sicherheitskräften während der Proteste begangenen Menschenrechtsverletzungen blieben jedoch straffrei.

Gegen mehrere Ankläger_innen der Spezialeinheit zur Korruptionsbekämpfung (Unidad Fiscal Especializada contra Redes de Corrupción) wurden Disziplinar- und Strafverfahren eingeleitet, die möglicherweise darauf abzielten, ihre Arbeit zu behindern.

Menschenrechtsverteidiger_innen

Laut Angaben der NGO Global Witness rangierte Honduras 2021 weltweit auf Platz 2 bei der Zahl getöteter Landrechts- und Umweltaktivist_innen, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Dennoch hatte Honduras das Regionale Abkommen über den Zugang zu Informationen, Teilhabe und Gerechtigkeit in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik (Escazú-Abkommen) noch nicht unterzeichnet.

Im Juli 2021 wurde David Castillo, ehemaliger Geschäftsführer des Energieunternehmens Desarrollos Energéticos und Leiter des Wasserkraftprojekts Agua Zarca, der Mittäterschaft an der Ermordung der Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta Cáceres im Jahr 2016 für schuldig befunden. Die Urteilsverkündung stand Ende 2021 noch aus.

Der Verbleib von vier seit Juli 2020 "verschwundenen" indigenen Garífuna-Mitgliedern der NGO Organización Fraternal Negra de Honduras blieb weiterhin unbekannt.

Gegen Menschenrechtsverteidiger_innen, die sich für Land- und Territorialrechte sowie den Schutz der Umwelt einsetzten, wurden weiterhin unbegründete strafrechtliche Vorwürfe erhoben. Acht Mitglieder des Kommunalen Ausschusses für den Schutz gemeinschaftlicher und öffentlicher Güter (Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos), die 2018 und 2019 inhaftiert worden waren, befanden sich Ende 2021 weiterhin im Gefängnis.

Im Oktober 2021 beschloss der Kongress einige Reformen, mit denen die Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beschnitten werden könnten. Auch das Verteidigen der Menschenrechte, Transparenzgarantien, der Zugang zu Informationen und die wirksame Untersuchung und Strafverfolgung von Korruption könnten im Zuge dieser Reformen eingeschränkt werden.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Im Januar 2021 verabschiedete der Kongress eine Verfassungsreform, die die Aufhebung der Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen und gleichgeschlechtlichen Ehen erschwert. Eine Verfassungsklage gegen das absolute Abtreibungsverbot war Ende des Jahres vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.

Im Fall von Vicky Hernández, einer trans Frau, Sexarbeiterin und Aktivistin, die während des Putsches 2009 getötet worden war, stellte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte im Juni 2021 fest, dass Honduras ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt habe.

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