Amnesty Report 29. März 2022

Eswatini 2021

Das Bild zeigt einige Menschen mit Regenschirmen und Masken.

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Die Regierung reagierte auf Forderungen nach Demokratie und einem Ende der Polizeigewalt mit massiven Einschränkungen der Menschenrechte. Repressive Gesetze wurden eingesetzt, um Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und gegen friedliche Demonstrierende, einschließlich Minderjähriger, vorzugehen. Die Coronamaßnahmen sorgten für eine Zunahme der Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen galten weiterhin als Straftatbestand. Hunderte Familien waren nach wie vor von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Im Mai 2021 reagierte die Regierung auf die anhaltenden Demonstrationen für demokratische Reformen und ein Ende der Polizeigewalt mit scharfer Unterdrückung der Menschenrechte. Auslöser der Proteste war der ungeklärte Tod des 25-jährigen Jurastudenten Thabani Nkomonye, für den mutmaßlich Polizeiangehörige verantwortlich waren. Die Protestveranstaltungen wurden von jungen Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen sowie zivilgesellschaftlichen und politischen Gruppen angeführt, die ein Ende der jahrelangen politischen Unterdrückung forderten.

Die Behörden griffen auf repressive Gesetze wie das Gesetz über staatsgefährdende und subversive Aktivitäten (Sedition and Subversive Activities Act) von 1938 und das Gesetz zur Terrorbekämpfung (Suppression of Terrorism Act) von 2008 zurück, um Kritiker_innen zum Schweigen zu bringen. Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und politische Aktivist_innen wurden strafrechtlich verfolgt und inhaftiert, weil sie die staatliche Unterdrückung anprangerten. Bis Oktober 2021 wurden mehr als 1.000 Menschen, darunter 38 Minderjährige, willkürlich festgenommen. Am 25. Juli 2021 wurden die Parlamentsabgeordneten Mduduzi Bacede Mabuza und Mthandeni Dube festgenommen und seither auf der Grundlage konstruierter Anklagen festgehalten. Eine Freilassung gegen Kaution wurde ihnen verwehrt.

Die Aufsichtsbehörde für Telekommunikation wies die Netz- und Telekommunikationsbetreiber am 29. Juli und erneut am 15. Oktober an, das Internet abzuschalten.

Exzessive Gewaltanwendung

Armee und Polizei trieben Tausende friedliche Demonstrierende mit scharfer Munition, Gummigeschossen und Tränengas auseinander. Bis Oktober 2021 wurden mehr als 80 Menschen getötet und über 200 Menschen zum Teil schwer verletzt.

Zahlreiche Personen, die im Juni und Juli 2021 verletzt wurden, trugen dauerhafte Behinderungen davon, was die ohnehin schon schlechte wirtschaftliche, soziale und kulturelle Lage zahlreicher Angehöriger der ethnischen Gruppe der EmaSwati noch weiter verschlimmerte. Die Krankenhäuser waren aufgrund der sprunghaft gestiegenen Patient_innenzahlen überlastet. Berichten zufolge wurde medizinisches Personal von Polizei- und Armeeangehörigen genötigt, Beweismaterial, wie z. B. aus den Körpern verletzter Demonstrierender entfernte Kugeln, herauszugeben.

Diskriminierung

Geschlechtsspezifische Gewalt

Geschlechtsspezifische Gewalt war nach wie vor weitverbreitet: Ein Drittel aller Frauen unter 18 Jahren war bereits geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt, und 48 Prozent aller befragten Frauen gaben an, in irgendeiner Form sexualisierte Gewalt erfahren zu haben. Das Gesetz über Sexualstraftaten und häusliche Gewalt von 2018 reichte allein nicht aus, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen. Problematisch war insbesondere, dass die wirtschaftlichen Bedingungen und die sozialen und kulturellen Normen für Frauen ein ständiges Hindernis beim Zugang zur Justiz darstellten, sodass die Verantwortlichen weitgehend ungestraft agieren konnten. Die aufgrund der Coronapandemie verhängten Lockdownmaßnahmen hinderten Betroffene am Zugang zu Hilfsdiensten und Justizmechanismen und erhöhten gleichzeitig das Gewaltrisiko.

Besonders betroffen waren auch Mädchen, da die coronabedingten Schulschließungen zu einer steigenden Zahl von Teenagerschwangerschaften führten.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI +)

Einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen galten weiterhin als Straftat.

Mehr als ein Jahr nach der Verhandlung eines von der LGBTI-Gruppe Eswatini Sexual and Gender Minorities (ESGM) angestrengten Verfahrens hatte das Hohe Gericht noch immer kein Urteil gefällt. Die ESGM war gegen die 2019 ergangene Entscheidung des Unternehmensregisteramts vorgegangen, ihren Antrag auf Eintragung als Organisation abzulehnen. Als Begründung hatte das Amt argumentiert, einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen seien "ungesetzlich" und "unnatürlich".

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Das Recht auf angemessenen Wohnraum Hunderter EmaSwati-Familien war auch 2021 durch rechtswidrige Zwangsräumungen gefährdet, die auf Betreiben von Grundbesitzer_innen, die ihr Land zurückgewinnen wollten, in die Wege geleitet wurden. Dies betraf insbesondere marginalisierte Personengruppen wie Witwen oder Familien, deren Oberhäupter Minderjährige oder Frauen waren, da sie in der Regel nicht über die erforderlichen Mittel verfügten, um gegen Räumungen vorzugehen.

Personen, denen unmittelbar die Räumung drohte, wurden insbesondere durch das äußerst mangelhafte Landverwaltungssystem benachteiligt. In den Gemeinden Gege und Sigombeni waren die Rechtsmittel der Bewohner_innen seit 2014 bzw. 2019 anhängig. Die Fälle wurden ständig zwischen verschiedenen Ministerien, Chiefdoms und Gerichten hin- und hergeschoben und verschleppt. Im Juli 2021 wurde einer Gemeinschaft in Velezizweni und im September einer Gemeinschaft in Ntontonzi mit Zwangsräumung gedroht, wovon 130 Familien betroffen wären.

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