Amnesty Report Dänemark 16. April 2020

Dänemark 2019

Mehrere Frauen demonstrieren, sie tragen Schilder mit der Aufschrift "lets talk about yes", manche applaudieren.

Demonstration im Rahmen der Amnesty-Kampagne für Frauenrechte "Let's talk about yes!" in Dänemark (Archivaufnahme vom November 2018)

Vergewaltigungsopfer waren nach wie vor mit unzureichenden und überholten Gesetzen konfrontiert, jedoch wurde 2019 eine Veränderung der juristischen Definition von Vergewaltigung angekündigt. Dänemark erklärte, es werde sich dem Neuansiedlungsprogramm des UNHCR wieder anschließen, allerdings nur in sehr geringem Umfang. Neue Gesetze im Wohnungswesen wurden vom UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) als diskriminierend beanstandet.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im Juli 2019 kündigte der Minister für Zuwanderung und Integration an, dass Dänemark sich dem Neuansiedlungsprogramm des UNHCR wieder anschließen und 2019 insgesamt 30 Flüchtlinge aufnehmen werde. Jedoch waren bis Ende des Jahres keine Flüchtlinge nach Dänemark umgesiedelt worden.

Personen, die vorübergehenden subsidiären Schutz erhalten hatten, mussten 2019 nach wie vor drei Jahre warten, bis sie Familiennachzug beantragen konnten. Asylsuchende Familien mit Kindern, deren Anträge abgelehnt worden waren, wurden im Abschiebelager Sjælsmark interniert. Nur ganz wenige Kinder hatten Zugang zu normalen Schulen, und laut einer Erhebung zeigten sich bei 61% der Kinder psychische Auffälligkeiten. Im November willigten die Regierung und deren parlamentarische Unterstützung ein, das Lager Sjælsmark bis April 2020 zu schließen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Wie im Oktober 2019 in den Empfehlungen des CESCR erwähnt, blieben Dänemarks Gesetze sowie der Umgang mit Fällen von sexualisierter Gewalt, darunter auch Vergewaltigung, nach wie vor hinter internationalen Menschenrechtsstandards zurück, was ernste Folgen für Vergewaltigungsopfer hatte. Obwohl es viele Vergewaltigungen gab, wurde nur eine geringe Zahl von Fällen bei der Polizei angezeigt, und bei einer noch geringeren Anzahl von Fällen kam es zu einer Verurteilung. Ein Sexualkundeunterricht mit dem Ziel, geschlechtsspezifische Klischees und Mythen über Vergewaltigung abzubauen sowie sexualisierte Gewalt zu verhindern, erreichte weder genug Jugendliche, noch enthielt er eine Unterweisung über das Zustimmungsprinzip. Der CESCR kritisierte Dänemark 2019 auch in dieser Hinsicht. 

Im Juni 2019 einigten sich die Regierung und die sie unterstützenden Parteien darauf, für die juristische Definition von Vergewaltigung das Zustimmungsprinzip einzuführen. Die Regierung erklärte, dass im Februar 2020 ein Gesetzentwurf im Parlament eingebracht werden solle, jedoch war bis Ende 2019 noch kein Zeitplan vorgelegt worden. Dieses Zugeständnis erfolgte erst nach jahrelangem Einwirken vonseiten der Opferverbände sowie Frauen- und Menschenrechtsorganisationen. 

 

Recht auf Wohnen

Unter der 2018 in Kraft getretenen Regelung L38 über Sozialwohnungen wurden mehrere Viertel mit einkommensschwachen Haushalten als "gefährdete Gebiete", "Ghetto-Gebiete" und "harte Ghetto-Gebiete" eingestuft. Ein "Ghetto" wird definiert als ein Viertel, in dem der Anteil von Zuwanderern aus "nicht-westlichen Ländern" und deren Nachkommen über 50 Prozent liegt und wo mindestens zwei der vier Kriterien für "gefährdete Gebiete" zutreffen (über dem Durchschnitt liegende Zahlen von Arbeitslosen sowie Personen mit strafrechtlichen Verurteilungen, niedrigem Bildungsstand und niedrigem Einkommen). Ein "hartes Ghetto" ist eine Gegend, die diese Bedingungen bereits seit vier Jahren erfüllt. Für die dort lebenden Menschen gelten unverhältnismäßige Sonderregelungen, wie etwa eine Kita-Pflicht für Kinder ab dem ersten Lebensjahr sowie kein Recht auf Familiennachzug. Das damit verbundene Vorhaben, die Sozialwohnungsblocks in "harten Ghetto-Gebieten" zu privatisieren oder abzureißen, bringt die Gefahr mit sich, die Bewohner_innen unzureichendem Wohnraum oder sogar der Obdachlosigkeit auszusetzen, da es keine öffentlich bekannten Pläne gibt, angemessenen Ersatzwohnraum zu schaffen. Im November 2019 drängte der CESCR Dänemark, in diesem klaren Fall von Diskriminierung und Stigmatisierung der Bewohner_innen solcher Viertel Abhilfe zu schaffen. 

Diskriminierung

Das 2018 vom Parlament verabschiedete Verbot gesichtsbedeckender Kleidung in der Öffentlichkeit hatte besonders negative und diskriminierende Auswirklungen auf muslimische Frauen, die sich für das Tragen der Nikab oder der Burka entschieden haben. 

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Die medizinischen Standards und Entscheidungsverfahren in Dänemark erlaubten 2019 weiter medizinisch nicht notwendige und irreversible operative Eingriffe an kleinen Kindern, die mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale zur Welt gekommen waren. Die dänische Gesundheitsbehörde führte keine auf den Menschenrechten beruhenden Richtlinien ein, wonach solche Eingriffe, ob sie nun chirurgischer oder hormoneller Art waren, an Säuglingen und Kindern so lange aufgeschoben werden sollten, bis sich die Betroffenen selbst sinnvoll an der Entscheidungsfindung beteiligen und anhand von ausreichender Information ihre Zustimmung geben können. Dies führte zu einer Verletzung der Rechte der Kinder auf Privatleben, körperliche Unversehrtheit und den höchsten erreichbaren medizinischen Standard. 

Waffenhandel

Im Januar 2019 weitete die Regierung die 2018 verhängte Aussetzung zukünftiger Exporte von Waffen, militärischen Ausrüstungsgegenständen und Gütern mit doppeltem Verwendungszweck nach Saudi-Arabien auch auf die Vereinigten Arabischen Emirate aus. 

Veröffentlichungen von Amnesty International

Amnesty International: Denmark: "Give us respect and justice!" Overcoming barriers to justice for women rape survivors in Denmark (EUR 18/9784/2019)

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