Amnesty Report Dänemark 29. März 2022

Dänemark 2021

Demonstrierende Menschen halten rote Herzen in die Kamera

Demonstration in Dänemark gegen Abschiebungen von geflüchteten Menschen nach Syrien (Archivaufnahme vom 19. Mai 2021)

Berichtszeitraum 01. Januar 2021 bis 31- Dezember 2021

Menschen mit "nicht-westlichem" Hintergrund waren nach wie vor mit einer diskriminierenden Sozialwohnungspolitik konfrontiert. Das Recht von Flüchtlingen auf Familienleben wurde weiterhin verletzt, und es wurden Gesetze über Rückführungen und die Auslagerung von Asyl- und Aufenthaltsanträgen verabschiedet. Gesetzesinitiativen in Bezug auf Sexualerziehung und Unternehmensverantwortung verzögerten sich weiter. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Privatsphäre gerieten durch einen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung in Gefahr.

Diskriminierung

Im Mai 2021 wurde eine von 55.913 Personen unterzeichnete Petition zur Aufhebung des diskriminierenden Gesetzes L38 über Sozialwohnungen im Parlament diskutiert, das Gesetz blieb jedoch in Kraft.

Im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat akzeptierte Dänemark im Mai Empfehlungen, seine Sozialwohnungspolitik zu überarbeiten, verpflichtete sich jedoch lediglich zu der kosmetischen Tilgung des Begriffs "Ghetto" aus Regierungsdokumenten. Politische Maßnahmen, die darauf abzielten, die Anzahl von Bewohner_innen mit "nicht-westlichem Hintergrund" zu begrenzen, bestanden weiter, und neue diskriminierende Gesetzesinitiativen sollten gewährleisten, dass bis 2030 in keinem Viertel mehr als 30 Prozent der Anwohner_innen einen "nicht-westlichen Hintergrund" haben.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen

Im Februar 2021 erklärten die dänische Ausländerbehörde und die dänische Rechtsmittelinstanz für Flüchtlinge, dass das syrische Damaskus und die ländlichen Gebiete in dessen Umgebung "sicher" für Rückkehrer_innen seien. Bis zum 19. Dezember wurde mindestens 151 syrischen Staatsangehörigen die Aufenthaltserlaubnis entzogen bzw. diese wurde nicht verlängert, oder ihr Asylantrag wurde abgewiesen.

Im Mai 2021 nahm das Parlament den Entwurf für ein neues Rückführungsgesetz an, das neue Regelungen enthält wie etwa Geldangebote an Asylsuchende, damit sie darauf verzichten, sich an die Rechtsmittelinstanz für Flüchtlinge zu wenden, wenn ihr Antrag abgelehnt wurde.

Im Juni 2021 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das es Dänemark ermöglicht, die Bearbeitung von Asyl- und Aufenthaltsanträgen in nicht-europäische Länder auszulagern. Zwar gab es keine offizielle Vereinbarung mit anderen Ländern, doch die dänische Regierung war seit 2020 mit Behörden in Ägypten, Marokko, Ruanda und Tunesien im Gespräch. Im Dezember 2021 trat Dänemark mit dem Kosovo in Verhandlung über das Anmieten von 300 Haftplätzen für verurteilte Straftäter_innen, die im Rahmen ihrer Strafe aus Dänemark abgeschoben werden sollen.

Im Juli 2021 fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil gegen Dänemarks obligatorische Wartezeit von drei Jahren für die Familienzusammenführung und erklärte, dass dies das Recht auf Familienleben verletze. Von der Regelung wären ungefähr 4.000 syrische Flüchtlinge betroffen.

Im August unterbrach die Regierung offiziell die Abschiebungen nach Afghanistan. Ende 2021 verblieben 19 afghanische Staatsangehörige in Ausreisezentren, ohne Zugang zu Arbeit oder Bildung und mit begrenztem Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Rechte von Mädchen und Frauen

Im März 2021 empfahl der UN-Ausschuss für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau Dänemark, Lerninhalte über Beziehungen, sexuelle Selbstbestimmung und das Zustimmungsprinzip in die obligatorische Sexualerziehung in Grund- und Sekundarschulen zu integrieren sowie ein obligatorisches Modul über Sexualerziehung in der Lehrerausbildung einzuführen. Dies war jedoch 2021 noch nicht umgesetzt worden.

Recht auf Privatsphäre

Im Oktober 2021 wurde dem Parlament ein Gesetzentwurf über Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Der Entwurf erntete heftige Kritik wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Privatsphäre.

Unternehmensverantwortung

Im Oktober 2021 erklärte die Regierung, dass Dänemark gesetzliche Regelungen verabschieden werde, um Unternehmen dazu zu verpflichten, in ihrer Geschäftstätigkeit der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachzukommen. Dies sollte auch die Möglichkeit für Betroffene beinhalten, Rechtsmittel vor Gericht einzulegen. Bis zum Jahresende war dem Parlament jedoch noch kein solcher Gesetzentwurf vorgelegt worden.

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