Amnesty Report Bahrain 07. April 2021

Bahrain 2020

Eine Frau geht an einer Wand vorbei, an die zahlreiche Porträtfotografien geklebt

Eine Wand in der bahrainischen Stadt Sanabis mit Fotos von politischen Gefangenen (Archivaufnahme)

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde im Jahr 2020 nach wie vor unterdrückt, u. a. durch unfaire Gerichtsverfahren gegen Personen, die protestiert oder im Internet Kritik an der Regierung geübt hatten, sowie deren Angehörige. Eine unverhältnismäßig große Zahl von Angeklagten stand in Gruppenprozessen vor Gericht, bei denen es sich in einigen Fällen um Massenprozesse handelte. Andere unfaire Gerichtsverfahren wurden ebenfalls fortgesetzt. Häftlinge wurden misshandelt und in einigen Fällen gefoltert. Der Ombudsmann des Innenministeriums, die Nationale Menschenrechtsinstitution der Regierung und die Sonderermittlungseinheit der Staatsanwaltschaft erwiesen sich weiterhin als wenig wirkungsvoll, was die Wahrung der Menschenrechte und die Ahndung von Menschenrechtsverletzungen betraf. Frauen wurden durch Gesetze diskriminiert. Die Haftbedingungen in den Gefängnissen waren erbärmlich. Aufgrund ihrer desolaten Lebensbedingungen bestand für Arbeitsmigrant_innen in der Corona-Pandemie ein besonders hohes Risiko, sich zu infizieren.

Hintergrund

Die bahrainischen Behörden reagierten auf die Corona-Pandemie im Jahr 2020 mit erheblichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und des sozialen Lebens. Berichten zufolge wurden sehr viele Tests vorgenommen, das Vorgehen war jedoch intransparent und umfasste keine angemessenen Schutzmaßnahmen für Arbeitsmigrant_innen. Die Behörden führten eine App zur Kontaktnachverfolgung ein, die in die Privatsphäre von Millionen Menschen eingriff, indem sie die Standorte der Nutzer_innen in Echtzeit übermittelte.

Bahrain ließ 2020 weiterhin keine unabhängige Menschenrechtsbeobachtung zu und verweigerte u. a. Amnesty International, Human Rights Watch und UN-Menschenrechtsgremien die Einreise. Das Land beteiligte sich weiterhin an der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz, die in den bewaffneten Konflikt im Jemen eingriff.

Folter und andere Misshandlungen

Die Staatsanwaltschaft untersuchte Beschwerden über Folter, die bei ihr eingingen, nicht gründlich, obwohl es zahlreiche Berichte gab, dass an bestimmten Orten gefoltert wurde, und Inhaftierte häufig die entsprechende Abteilung und manchmal auch Namen und Rang der mutmaßlichen Folterer angaben. Soweit bekannt, gab es in Bahrain in den vergangenen vier Jahren keine einzige erfolgreiche Strafverfolgung wegen Folter zur Erzwingung eines "Geständnisses".

Am 13. Juli 2020 bestätigte das Kassationsgericht, die höchste gerichtliche Instanz des Landes, zum zweiten Mal die 2014 verhängten Todesurteile gegen Mohamed Ramadhan Isa und Husain Ali Moosa. In einer seltenen Untersuchung eines Foltervorwurfs hatte die Sonderermittlungseinheit der Staatsanwaltschaft hinter den "Geständnissen" von Husain Ali Moosa den "Verdacht auf das Verbrechen der Folter" festgestellt. Das Urteil des Berufungsgerichts stützte sich jedoch bei der Urteilsfindung erneut auf Husain Ali Moosas "Geständnis" als Beweismittel und stellte fälschlicherweise fest, dass auch Mohamed Ramadhan Isa ein "Geständnis" unterzeichnet hatte.

Ebenfalls im Juli behauptete der Ombudsmann des Innenministeriums, dass er für mehrere an ihn verwiesene Fälle, die Haft ohne Kontakt zur Außenwelt betrafen, nicht zuständig sei, obwohl er den klaren gesetzlichen Auftrag hat, allen Gesetzesverstößen von Bediensteten des Innenministeriums nachzugehen. 

Im September 2020 tauchten glaubwürdige Berichte auf, dass Wärter im Jaw-Gefängnis Ali Abdul Husain al-Wazeer geschlagen und ihm viele Knochen gebrochen hatten. Der Ombudsmann, die Nationale Menschenrechtsinstitution und die Sonderermittlungseinheit der Staatsanwaltschaft befassten sich jedoch nicht ernsthaft mit dem Fall, obwohl sie davon Kenntnis hatten.

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen, insbesondere im Zentralgefängnis Jaw im Südosten des Landes, waren erbärmlich. Es mangelte an sanitären Einrichtungen, und die Häftlinge wurden häufig misshandelt. Zu den Misshandlungen zählten die willkürliche Beschlagnahmung persönlicher Gegenstände, Repressalien gegen diejenigen, die ihre Meinung äußerten, und die Verweigerung angemessener medizinischer Behandlung.

Im April 2020 verlegte die Verwaltung des Jaw-Gefängnisses den inhaftierten Journalisten Mahmood Abdul Redha al-Jazeeri für mehrere Tage in Einzelhaft. Er hatte eine aufgezeichnete Nachricht verschickt, in der er eine im Fernsehen ausgestrahlte Corona-Sicherheitsinspektion des Gefängnisses durch die Nationale Menschenrechtsinstitution als Schönfärberei kritisierte. Die Nationale Menschenrechtsinstitution unterließ es, die Strafmaßnahme gegen ihn zu untersuchen oder zu verurteilen.

Nach einem Ausbruch von Krätze im Jaw-Gefängnis, der monatelang andauerte, forderte die Nationale Menschenrechtsinstitution im Januar nicht bessere Haftbedingungen, sondern wiederholte lediglich die Anweisung der Gefängnisbehörden, Gefangene mit "Allergien" sollten die offiziellen "Gesundheitsanweisungen" befolgen. Trotz der Corona-Pandemie und Infektionen in den Reihen des Gefängnispersonals erhielten die Gefangenen im Jaw-Gefängnis weder Masken, Handschuhe und Handdesinfektionsmittel, noch wurden sie regelmäßig auf das Virus getestet.

Der Gefangene Ahmed Merza Ismaeel, der unter Sichelzellenanämie litt, die extreme Schmerzen verursachen kann, wenn sie nicht behandelt wird, erhielt weiterhin nur sporadisch Medikamente von der Gefängnisverwaltung.

Im August, kurz nach dem schiitischen Feiertag Aschura, konfiszierten Wärter in der Dry-Dock-Jugendhaftanstalt in der Nähe von al-Hidd persönliche religiöse Gegenstände aus den Zellen einiger Minderjähriger, darunter auch der des 17-jährigen Kameel Juma Hasan. Im September beschwerte sich seine Familie bei der Nationalen Menschenrechtsinstitution, dass er an Zahnschmerzen leide, aber keine Behandlung erhalte. Ein anderer Junge, der in demselben Flügel inhaftiert war, berichtete, dass er trotz Schmerzen und Blutungen im Innenohr keine ärztliche Behandlung erhalte.

Es gab keine Stellungnahmen oder Berichte über Gefängnisbesuche der Kommission für die Rechte von Strafgefangenen und Häftlingen, ein Überwachungsgremium, das nach den politischen Unruhen 2011 eingerichtet worden war.

Frauenrechte

Frauen wurden weiterhin durch Gesetze diskriminiert. Artikel 4 des Staatsbürgerschaftsgesetzes untersagte bahrainischen Frauen, ihre Staatsangehörigkeit an ihre Kinder weiterzugeben, und Artikel 353 des Strafgesetzbuchs sah Straffreiheit für Vergewaltigung vor, wenn der Täter sein Opfer heiratete.

Ein positiver Schritt war die Aufhebung der Verordnung Nr. 51 des Ministeriums für Arbeit und soziale Entwicklung im August, die besagte, dass Frauen nur bestimmte Berufe ausüben dürfen. Der Minister behielt sich jedoch vor, solche Beschränkungen gemäß Artikel 31 des Arbeitsgesetzes für den häuslichen Privatsektor von 2012 zu verhängen.

Das Land hielt weiterhin an seinen Vorbehalten bezüglich des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau fest. Dazu zählte auch der grundlegende Artikel 2 der Konvention. Nach Ansicht der Regierung war das Land nicht an Bestimmungen des Übereinkommens gebunden, die nicht der "islamischen Scharia" entsprachen.

Rechte von Arbeitsmigrant_innen

Aufgrund des Sponsorensystems (kafala) befanden sich Arbeitmigrant_innen in einer prekären Lage, die durch die Corona-Pandemie 2020 noch schwieriger wurde und sie einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzte. Hinzu kamen unhygienische Lebensbedingungen in überfüllten Unterkünften, unzureichender rechtlicher Schutz und ein eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsvorsorge und medizinischer Behandlung.

Unfaire Gerichtsverfahren

Das Kassationsgericht bestätigte 2020 erneut Urteile, die nach unfairen Massenprozessen ergangen waren. Im Juni lehnte das Gericht 48 von 49 Rechtsmitteln gegen einen Massenprozess ab, in dem 169 Personen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt waren. Ein Gruppenprozess gegen 39 schiitische Angeklagte, darunter 14 Minderjährige, endete am 13. September mit Gefängnisstrafen für alle Angeklagten, von denen einige daran gehindert wurden, bei der Urteilsverkündung anwesend zu sein. Am 3. November endete ein weiterer Massenprozess gegen 52 mutmaßliche Mitglieder einer "terroristischen Zelle" mit 51 Schuldsprüchen.

Todesstrafe

Gerichte verhängten 2020 weiterhin Todesurteile, in einigen Fällen nach grob unfairen Prozessen.

Das Kassationsgericht bestätigte am 15. Juni die Todesurteile gegen Zuhair Ebrahim Abdulla und Husain Abdulla Khalil sowie am 13. Juli gegen Mohamed Ramadhan Isa und Husain Ali Moosa. Es wurden keine Hinrichtungen gemeldet.

Weitere Artikel