Amnesty Report Äquatorialguinea 29. März 2022

Äquatorialguinea 2021

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde stark beschnitten, und Menschenrechtsverteidiger_innen und Online-Aktivist_innen waren weiterhin Schikanen ausgesetzt. Das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren wurde verletzt. Trotz der erneuten Zusicherung, die Todesstrafe abzuschaffen, hatte sie weiter Bestand. Das Recht auf Gesundheit war eingeschränkt, hauptsächlich aufgrund von Medikamentenknappheit.

Hintergrund

Nach mehr als 40 Jahren unter Präsident Obiang Nguema Mbasogo und mehreren Jahren wirtschaftlicher Rezession waren die internationalen Beziehungen Äquatorialguineas durch Korruptionsfälle belastet. Großbritannien erließ aufgrund von Korruptionsvorwürfen Sanktionen gegen Teodoro Nguema Obiang Mangue, den Sohn des Präsidenten und zugleich dessen Stellvertreter. Daraufhin schloss Äquatorialguinea am 22. Juli 2021 seine Botschaft in London. Am 28. Juli bestätigte das französische Kassationsgericht ein Urteil gegen den Sohn des Präsidenten aus dem Jahr 2017 wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Im Laufe des Jahres 2021 wurden die restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus überprüft und in den verschiedenen Regionen je nach Infektionsrate unterschiedlich angewandt.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Reporter ohne Grenzen stufte Äquatorialguinea in seiner Rangliste der Pressefreiheit 2021 auf Platz 164 von insgesamt 180 Ländern ein und begründete dies mit der strengen Zensur, der die Medien und die Arbeit von Journalist_innen unterlag.

Am 29. Juli 2021 nahmen sechs in Zivil gekleidete Sicherheitskräfte die Aktivistin Noelia Asama ohne Haftbefehl in ihrer Wohnung in der Hauptstadt Malabo fest. Anschließend wurde sie in einer Zelle mit Dutzenden Männern auf der Polizeiwache festgehalten. Noelia Asama nutzte regelmäßig die Sozialen Medien, um die schlechte Situation der Frauen im Land anzuprangern. Sie hatte in den Monaten vor ihrer Festnahme auch Facebook-Beiträge verfasst, in denen sie auf die unhaltbaren Zustände auf dem zentralen Lebensmittelmarkt und die Korruption im wichtigsten Handelshafen hinwies. Als man sie am 30. Juli freiließ, wurde sie zu der Veröffentlichung von Videos sowie zu ihrer in den Sozialen Medien erhobenen Forderung nach dem Rücktritt von Präsident Obiang befragt.

Später im Jahr rief Noelia Asama für den 16. Oktober zu einer Demonstration gegen die Verlängerung der im Rahmen der Coronapandemie verhängten Ausgangssperre auf. Die Demonstration war nicht behördlich genehmigt, und Noelia Asama wurde schriftlich aufgefordert, am 19. Oktober bei der zuständigen lokalen Regierungsstelle vorstellig zu werden. Dort wurde sie festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht, wo man sie fünf Stunden lang inhaftierte. Bevor man die Aktivistin wieder auf freien Fuß setzte, wies man sie an, das Land nicht zu verlassen und mit weiteren Anweisungen zu rechnen.

Menschenrechtsverteidiger_innen

Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen wurden auch 2021 weiterhin drangsaliert und eingeschüchtert.

Bei einem Treffen mit Oppositionsmitgliedern in Malabo am 26. Mai beschuldigte Präsident Obiang den Geschäftsführer von EG Justice, Tutu Alicante, der ein Mitglied der äquatorialguineischen Jurist_innenkommission ist, Gelder von US-amerikanischen Ölfirmen angenommen zu haben, um das Land zu destabilisieren.

Willkürliche Inhaftierungen

Am 14. September 2021 beorderte ein Vertreter des Gesundheitsministeriums sechs Frauen, die in einem Gesundheitszentrum im Stadtteil Campo Yaounde in Malabo arbeiteten, auf eine Polizeiwache. Sie wurden zu Vorwürfen befragt, denen zufolge das Gesundheitszentrum Covid-19-Impfstoff verkauft habe, um ausländische Staatsangehörige zu impfen. Die Frauen wurden eine Woche lang ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand festgehalten, bevor ein Gericht aufgrund fehlender Anklageerhebung und aus Mangel an Beweisen ihre Freilassung anordnete. Als die Tochter einer der Frauen in den Sozialen Medien über die Lage ihrer Mutter und deren Kolleginnen berichtete, wurde auch sie mehrere Tage lang inhaftiert.

Recht auf ein faires Gerichtsverfahren

Bei Explosionen auf dem Militärstützpunkt Nkoantoma in Bata wurden am 7. März 2021 mindestens 100 Menschen getötet und mehr als 600 verletzt. Das Militärgericht von Bata verurteilte den Oberstleutnant Valentín Nzang Nga Bindang, Leiter des Militärstützpunkts, sowie den Unteroffizier José Antonio Obama Nsue wegen Mordes und Fahrlässigkeit zu 32 bzw. 50 Jahren Haft. Die Urteile wurden am 2. Juli bekannt gegeben. Einige nationale und internationale NGOs äußerten sich kritisch über das Militärverfahren, da es die Rechte der Angeklagten einschränkte und den Betroffenen und ihren Familienangehörigen nicht ermöglichte, an den Verfahren teilzunehmen.

Todesstrafe

Der Präsident von Cabo Verde und Interimspräsident der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder forderte Äquatorialguinea auf, "schnellere" Fortschritte bei der Abschaffung der Todesstrafe zu machen. Als Reaktion darauf erklärte Tito Mba Ada, der Botschafter Äquatorialguineas in Portugal, am 13. Juli, in seinem Land werde "sehr bald" das neue Strafgesetzbuch in Kraft treten, mit dem die Todesstrafe abgeschafft werde. Bis zum Jahresende war dies jedoch nicht geschehen.

Recht auf Gesundheit

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren im August 2021 rund 144.000 der etwa 1,4 Millionen Äquatorialguineer_innen vollständig gegen Covid-19 geimpft. Ab Juli war die Impfung für Soldat_innen, medizinisches Personal und Lehrkräfte verpflichtend.

Nach Angaben der französischen Zeitung Le Monde herrschte in Äquatorialguinea ein Engpass bei wichtigen Medikamenten. Grund dafür sei, dass das Gesundheitsministerium zu wenig in den Kauf von Medikamenten investiert habe. Dies habe zu höheren Preisen geführt und dafür gesorgt, dass Menschen, die in extremer Armut lebten, sich medizinische Behandlungen nicht mehr leisten könnten.

Frauenrechte

Am 19. Juni 2021 fand die erste Nationale Versammlung für Frauen in Äquatorialguinea statt. Trotz solcher Initiativen zur Stärkung von Frauen sind schwangere Mädchen noch immer von der Schule ausgeschlossen. Diese Maßnahme des Bildungsministeriums aus dem Jahr 2016 hat das erklärte Ziel, Schwangerschaften bei Jugendlichen zu vermeiden.

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