Pressemitteilung Aktuell 02. Mai 2021

Woche der Meinungsfreiheit: Medienschaffende und Zivilgesellschaft weltweit unter Druck

Eine Gruppe von ungefähr zwanzig Personen steht und kniet eng beieinander. Die meisten tragen Mund- und Naseschutz und halten Plakate mit Bildern und Slogans auf Türkisch hoch. Ein Mann aus der Gruppe liest etwas von einem Papier ab. EIne Person hält von links mit einer Hand mehrere Mikrofone ins Bild.

Protestaktion in der türkischen Hauptstadt Istanbul gegen die Einschränkung der Pressefreiheit vor einem Gerichtsgebäude, in dem sieben Medienschaffenden nur wegen ihrer journalistischen Tätigkeit der Prozess gemacht wurde (September 2020).

Die Meinungsfreiheit wird weltweit zunehmend eingeschränkt. Staaten nutzen technische Möglichkeiten wie Überwachungssysteme, Spionagesoftware oder Internet-Shutdowns, um die Räume von Journalistinnen und Journalisten sowie Bürgerinnen und Bürgern zu verengen. Derweil nutzen zahlreiche Regierungen die Covid19-Pandemie dazu, das Recht auf freie Meinungsäußerung, zum Beispiel auf Demonstrationen oder durch Angriffe auf Medienschaffende, weiter einzuschränken.

Anlässlich der Woche der Meinungsfreiheit vom 3. Mai bis 10. Mai kritisiert Amnesty International Staaten, die durch neue technologische Möglichkeiten wie hochentwickelte Überwachungssysteme, Spionagesoftware und Internet-Shutdowns die Spielräume der Zivilgesellschaft immer weiter einschränken. Beispielsweise wird in Moskau Gesichtserkennungssoftware eingesetzt, um friedlich Demonstrierende zu identifizieren und zu verhaften. Amnesty International sieht massive Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Russland, wie auch in der Türkei und in Myanmar. Der Fokus der diesbezüglichen Arbeit der Menschenrechtsorganisation liegt dieses Jahr auf afrikanischen Staaten wie Guinea und Mosambik.

"Pressefreiheit, der Zugang zu unabhängigen Informationen und die Möglichkeit, unbeschadet an gesellschaftlichen Debatten – ob im öffentlichen Raum oder im Digitalen – teilzunehmen, sind grundlegende Menschenrechte. Diese unerlässlichen Voraussetzungen für politische Teilhabe, Rechtstaatlichkeit und individuelle Selbstbestimmung werden in immer mehr Ländern eingeschränkt", sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

"Kritische Stimmen wurden gerade im Schatten der Covid19-Pandemie versucht, mundtot zu machen. Unsere besondere Aufmerksamkeit brauchen weiter die jüngst massiv verschärften Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Russland und der Türkei. Hier wird im Geltungsbereich der Europäischen Menschenrechtskonvention gezielt versucht, friedliche, demokratische Willensäußerungen zu kriminalisieren und legitime, demokratische Debatten zu unterdrücken", sagt Beeko.

Auch in Deutschland sieht Amnesty International eine Gefahr für die Pressefreiheit bezogen auf Medienschaffende. "Beleidigungen, Todesdrohungen und körperliche Gewalt hindern zunehmend Medienschaffende an der Ausführung ihrer Arbeit. Hier ist der Staat gefordert, für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten aktiv zu werden, auf Demonstrationen wie bei persönlichen Bedrohungslagen", sagt Beeko.Im vergangenen Jahr wurden laut Reporter ohne Grenzen mindestens 65 gewalttätige Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland verzeichnet. Die meisten Angriffe fanden während oder am Rande von Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen statt. In mehreren Fällen versagte die Polizei, Medienschaffende angemessen zu schützen.

Tweet von Franziska Ulm, Afrika-Expertin bei Amnesty International in Deutschland:

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Meinungsfreiheit in afrikanischen Staaten



In zahlreichen afrikanischen Staaten nehmen – trotz positiver Entwicklungen in den vergangenen Jahren – Bestrebungen zu, zivilgesellschaftliche Freiräume und Meinungsfreiheit einzuschränken. Regierungen nutzten die Co­rona-Pandemie dazu, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit zu begrenzen. So wurden z.B. in Niger und in der Republik Kongo Journalistinnen und Journalisten bedrängt, die kritisch über Corona-Maßnahmen berichtet hatten. In Togo wurde ein neues Pressegesetz verabschiedet, welches Beleidigungen von Staatsbeamten mit hohen Strafen versieht.

Internet-Shutdowns wurden von immer mehr Regierungen eingesetzt, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, insbesondere vor Wahlen sowie in Krisensituationen. Hierdurch wird auch die Versammlungsfreiheit eingeschränkt, da es Demonstrierenden schwieriger gemacht wird, sich zu organisieren. In Uganda ließ die Regierung das Internet rund um die Wahlen im Januar 2021 abschalten. Dies schränkte die Meinungs-, Presse und Informationsfreiheit massiv ein. In Äthiopien wurde das Internet 2020 mehrmals abgeschaltet, um gewalttätige Proteste einzudämmen, welche nach der Tötung eines Musikers ausbrachen.

In Tansania wurden regierungskritische Zeitungen und Radiostationen mit Strafen belegt oder verboten. Die internationale Berichterstattung über die dortigen Wahlen wurde ebenfalls beschränkt. In Mosambik wurde die unabhängige Zeitung Canal de Moçambique von Unbekannten mit Brandbomben beschossen. Zur selben Zeit hatten staatliche Behörden ungerechtfertigte Anklagen gegen die Zeitung hervorgebracht.

Hatespeech

Eine Amnesty-Studie von 2020 zeigt, dass besonders Frauen in sozialen Netzwerken wie Twitter Cybermobbing ausgesetzt sind. Der Missbrauch ist dabei vielmals intersektional. Er trifft zum Beispiel oft Frauen aus ethnischen oder religiösen Minderheiten oder lesbische, bi- oder transsexuelle Frauen. Auch Hassrede schränkt Meinungsfreiheit ein, da sich die Betroffenen zurückziehen und davon absehen, ihre Stimme im Netz zu erheben.

Amnesty International ist Teil der "Woche der Meinungsfreiheit", eines vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiierten breiten gesellschaftlichen Bündnisses mit zahlreichen Veranstaltungen vom 3.-10. Mai. Amnesty International bietet in dieser Woche zudem vielfältige Aktionen zur Situation von Medienschaffenden in afrikanischen Ländern an.

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