Aktuell 14. März 2023

Weltweit: Dutzende Tode und Tausende Verletzte durch Missbrauch von Gummigeschossen durch die Polizei

Das Bild zeigt Polizisten mit Gewehren, sie rennen

Weltweit missbrauchen Sicherheitskräfte routinemäßig Gummi- und Plastikgeschosse und andere Waffen, um friedliche Proteste gewaltsam zu unterdrücken. Ein neuer Amnesty-Bericht legt offen, wie es dadurch zu Verletzungen und sogar Todesfällen kommt. Amnesty International fordert gemeinsam mit weiteren Organisationen ein Abkommen, um den Handel mit Folterwerkzeugen zu kontrollieren.

Der Amnesty-Bericht "My Eye Exploded" dokumentiert, wie Tausende Demonstrierende und Umstehende weltweit durch den oft rücksichtslosen und unverhältnismäßigen Einsatz von weniger tödlichen Waffen dauerhafte Verletzungen erlitten haben. Dutzende von ihnen wurden getötet.

Zum Einsatz kamen beispielsweise Gummi- und Plastikgeschosse sowie gummierte Schrotkugeln und Tränengasgranaten, die direkt auf Demonstrierende abgefeuert wurden.

Das Bild zeigt eine Hand mit einer großen Gummikugel darin

Der Bericht verdeutlicht: Es gab eine besorgniserregende Zunahme bei Augenverletzungen wie Rissen im Augapfel, Netzhautablösungen oder dem vollständigen Verlust des Augenlichts. Dazu kamen außerdem Knochen- und Schädelbrüche, Hirnverletzungen, Rupturen innerer Organe und Blutungen, Herz- und Lungenverletzungen durch gebrochene Rippen, Schäden an den Genitalien und psychische Traumata.

"Rechtlich bindende, globale Kontrollen der Herstellung und des Handels mit weniger tödlichen Waffen, auch Gummi- und Plastikgeschossen, in Verbindung mit wirksamen Richtlinien für die Anwendung von Gewalt sind dringend erforderlich, um gegen einen eskalierenden Kreislauf des Missbrauchs vorzugehen", so Patrick Wilcken, Experte für Militär-, Sicherheits- und Polizeithemen bei Amnesty International.

Der Bericht entstand in Zusammenarbeit mit der Stiftung Omega Research Foundation und basiert auf Recherchen in mehr als 30 Ländern in den vergangenen fünf Jahren. Amnesty International und die Omega Research Foundation gehören zu den 30 Organisationen, die eine von den Vereinten Nationen unterstützte Kontrolle des Handel mit Folterwerkzeugen fordern. So soll die Herstellung von und der Handel mit häufig missbräuchlich eingesetzten Gummigeschossen und anderen für Polizeiaufgaben verwendeten Waffen verboten werden. Darüber hinaus müssen auf den Menschenrechten basierende Handelskontrollen für die Lieferung anderer Ausrüstungsgegenstände zur Strafverfolgung, darunter Gummi- und Plastikgeschosse, eingeführt werden.

Video auf Instagram von Amnesty International:

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In den vergangenen Jahren haben die Verfügbarkeit und der Einsatz von Gummigeschossen weltweit zugenommen und die Militarisierung der Polizeiarbeit bei Protesten vorangetrieben. Nationale Leitlinien für den Einsatz von Gummigeschossen entsprechen nur selten den internationalen Standards für die Anwendung von Gewalt. Diese besagen, dass ihr Einsatz auf Situationen beschränkt sein muss, in denen gewalttätige Personen eine unmittelbare Bedrohung für andere Menschen darstellen. Polizeikräfte verstoßen regelmäßig gegen die Vorschriften, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Der Bericht listet eine Vielzahl von Fällen auf, die dramatisch und eindrücklich schildern, zu welch schlimmen, teils irreversiblen Verletzungen der Einsatz von Gummigeschossen führen kann.

In Spanien hat der Einsatz tennisballgroßer, von Natur aus ungenauer Gummigeschosse, nach Angaben der Kampagnengruppe Stop Balas de Goma zu mindestens einem Todesfall durch Schädeltrauma und 24 schweren Verletzungen geführt. Darunter waren elf Fälle von schweren Augenverletzungen. In Frankreich wurden bei einer medizinischen Untersuchung von 21 Patienten, die unter Gesichts- und Augenverletzungen durch Gummigeschosse litten, schwere Verletzungen festgestellt, darunter Knochenabsplitterungen, Frakturen und Rupturen, die zur Erblindung führten.

Das Bild zeigt mehrere Menschen, die Protestschilder tragen und Pflaster auf einem Auge haben.

Im Irak haben Sicherheitskräfte 2019 gezielt mit Spezialgranaten, die zehnmal schwerer sind als herkömmliche Tränengasmunition, auf Demonstrierende gezielt. Dies führte zu schlimmen Verletzungen und mindestens zwei Dutzend Todesfällen. In Tunesien starb der 21-jährige Haykal Rachdi, nachdem er im Januar 2021 von einer Tränengasgranate am Kopf getroffen wurde.

In Kolumbien setzten Sicherheitskräfte VENOM ein – einen Granatwerfer mit 30 Rohren. Mit diesem Granatwerfer, der ursprünglich für das US Marine Corps entwickelt wurde, schossen Sicherheitskräfte dutzende Salven von Tränengasgranaten auf Protestierende.

Amnesty International hat auch Fälle in Chile, Kolumbien, Ecuador, Frankreich, Gaza, Guinea, Hongkong, Iran, Irak, Peru, Sudan, Tunesien und Venezuela dokumentiert, in denen Tränengasgranaten direkt auf Einzelpersonen oder auf Menschenmengen abgefeuert wurden.

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