Aktuell Pakistan 31. August 2022

Flutkatastrophe in Pakistan: Wohlhabendere Staaten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und helfen

Eine Frau watet mit ein paar Habseligkeiten durch eine überschwemmte Landschaft mit hüfthohem Wasser.

Katastrophale Überschwemmungen: Eine Frau watet mit ihren Habseligkeiten durch das Hochwasser in der pakistanischen Region Punjab (25. August 2022).

Wohlhabendere Staaten, die maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich sind, müssen historische Ungerechtigkeiten ausgleichen und Länder mit geringen Emissionen wie Pakistan unterstützen. Dies fordert Amnesty International, nachdem tödliche Überschwemmungen die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels gezeigt haben.  

"Staaten, die durch die Verwendung fossiler Brennstoffe und andere nicht nachhaltige Praktiken zu Reichtum gelangt sind, müssen ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen. Sie müssen Entschädigungen und andere Formen der Wiedergutmachung für die Verluste und Schäden bereitstellen, die Menschen in Pakistan erleiden", so Rimmel Mohydin, Kampagnenreferentin für Pakistan bei Amnesty International.

Obwohl Pakistan seit 1959 lediglich 0,4 Prozent zu den weltweiten Emissionen beigetragen hat, gehört das Land zu den Regionen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, wie gemeinsame Erkenntnisse von Weltbank und Asiatischer Entwicklungsbank (ADB) zeigen. Ersten Schätzungen zufolge kosten allein die jüngsten Überschwemmungen das Land zehn Milliarden US-Dollar. Die Flutkatastrophe ist eine dringende Mahnung, dass die Folgen des Klimawandels immer verheerender werden und die Staaten mit ihren Maßnahmen zur Anpassung und Eindämmung aufholen müssen.

Tweet der deutschen Amnesty-Sektion:

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Pakistans Reaktion

Nach offiziellen Berichten der Regierung haben die Überflutungen in Pakistan gewaltige Schäden angerichtet. Fast 750.000 Menschen haben jetzt keinen Zugang mehr zu einer sicheren und angemessenen Unterkunft. Weite Teile der landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden überflutet, wodurch die Ernten vernichtet wurden und die Lebensmittelversorgung des Landes gefährdet ist. Wie Pakistans Ministerin für Klimawandel, Sherry Rehman, am 29. August mitteilte, steht ein Drittel des Landes unter Wasser. Sie sprach von einer "Krise unvorstellbaren Ausmaßes". Schäden an Infrastruktur und Internet- und Telefonverbindungen sorgen für erhebliche Behinderungen der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen. 

Der Klimawandel bringt nicht nur steigende Temperaturen, sondern auch extreme Wetterereignisse mit sich. Überschwemmungen können zwar von einer Vielzahl von Faktoren verursacht werden, doch  steigende Temperaturen sorgen dafür, dass extreme Regenfälle wahrscheinlicher werden und die Flussdämme in Pakistan den Fluten in einigen Gebieten keinen Einhalt mehr gebieten können. Die Flutkatastrophe im Jahr 2010, bei der 1.700 Menschen ihr Leben verloren haben, war ebenfalls in erster Linie auf den weltweiten Temperaturanstieg zurückzuführen

"Die Zerstörungen und Todesfälle in Pakistan haben gezeigt, wie sehr diese Überschwemmungen bestehende Ungleichheiten verschärfen und Millionen von Menschen der Gefahr von Obdachlosigkeit, Hunger, Krankheit und sogar vorzeitigem Tod aussetzen. Die Regierung muss dafür sorgen, dass die Menschenrechte der betroffenen Gemeinschaften gewahrt werden, und Präventivmaßnahmen ergreifen, um die, die am stärksten gefährdet sind, vor den Auswirkungen der Katastrophe zu schützen", sagt Rimmel Mohydin. 

Männer, Frauen und Kinder waten durch ein Hochwasser.

Von der Flutkatastrophe Betroffene im Tando-Allahyar-Distrikt in der pakistanischen Provinz Sindh (25. August 2022)

Vor allem in Armut lebende Menschen und Frauen sind gefährdet

Besonders verheerend wirken sich die Überschwemmungen auf Menschen aus, die von Armut betroffen sind. Sie leben häufig in unzureichenden und minderwertigen Unterkünften an Flussufern, in niedrig gelegenen Gebieten und Zonen, die aufgrund fehlender Infrastruktur schwer zu erreichen sind. Bisher wurde nur wenig getan, um diese Gemeinschaften vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.

Frauen sind von den Überschwemmungen besonders stark betroffen. Dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) zufolge befinden sich in den überschwemmten Gebieten fast 650.000 schwangere Frauen, von denen fast 73.000 im nächsten Monat vor der Niederkunft stehen. In der Provinz Sindh sind mehr als 1.000 Gesundheitseinrichtungen teilweise oder vollständig beschädigt, in den betroffenen Distrikten in Belutschistan sind es 198.

Das Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt hat sich für Frauen und Kinder angesichts des Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung und des Ausfalls gesellschaftlicher Schutzmechanismen in einer Krise ebenfalls erhöht, warnt UNICEF. Auch die Menstruationshygiene muss bei der Entwicklung von Hilfsprogrammen gebührend berücksichtigt werden, denn nach Schätzungen des UNFPA befinden sich unter den Opfern der Überschwemmungen 8,2 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter.

"Bestehende Ungleichheiten aufgrund des Geschlechts, des sozioökonomischen Status, des Alters und anderer Identitäten werden durch die Überschwemmungen zweifellos noch verschärft. Marginalisierte Gruppen wie in Armut lebende Menschen werden mit Sicherheit viel schlechter gestellt sein. Das neu gegründete Nationale Hochwasserschutz- und Koordinierungszentrum muss die Bedürfnisse und Anforderungen der verschiedenen Gemeinschaften bei der Planung seiner Strategie zum Schutz der Menschen vor den verheerenden Auswirkungen der Überschwemmungen berücksichtigen", sagt Rimmel Mohydin.

Männer in Armeekleidung und Sicherheitswesten übergeben Lebensmittel an Männer, die im Wasser stehen.

Soldaten verteilen im Rajanpur-Distrikt in der pakistanischen Provinz Punjab Hilfsgüter an Überlebende der Flutkatastrophe (27. August 2022).

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