Aktuell Kultur Myanmar 24. Januar 2023

"Midwives": Mut und Einfallsreichtum

Das Bild zeigt zwei Frauen, die Kerzen anzünden

Filmszene aus "Midwives"

"Midwives" porträtiert das Leben zweier Hebammen an einem denkbar gewalttätigen Ort: im Siedlungsgebiet der verfolgten Rohingya-Minderheit in Myanmar.

Von Jürgen Kiontke

Sie gehören zu einer der drangsaliertesten Minderheiten der Welt: die Rohingya in Myanmar. Seit 2016 geht das Militär gegen sie vor, nachdem muslimische Rohingya-Rebellen mehrere Polizeistationen überfallen hatten. Vergewaltigungen, Hinrichtungen, das Niederbrennen ganzer Ortschaften hat Amnesty International dokumentiert. Systematische, kalkulierte Gewalttaten, die das Militär Myanmars oft in Zusammenarbeit mit örtlichen Bürgerwehren verübten. Über eine halbe Million Menschen, die seit Generationen im Land lebten, mussten nach Bangladesch fliehen. 

Wie sich das Leben in dem von Konflikten zerrissenen, landwirtschaftlich geprägten Rakhaing-Bundesstaat aus einer ganz speziellen Perspektive gestaltet, zeigt der Film "Midwives" von Snow Hnin Ei Hlaing. Über sechs Jahre hat die Filmemacherin zwei Hebammen mit der Kamera begleitet. Hla ist Buddhistin und Inhaberin einer provisorischen Geburtsklinik. Nyo Nyo ist Muslima und gelernte Hebamme, sie arbeitet dort als Assistentin und Übersetzerin.

Filmtrailer "Midwives":

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Unerschrockenheit, Improvisationstalent, Schlagfertigkeit gehören hier zur Stellenbeschreibung. Die beiden Frauen leisten den muslimischen Rohingya medizinische Hilfe. Im täglichen Ablauf der Arbeit spiegelt sich der Konflikt zwischen den Bevölkerungsgruppen. Der Ton zwischen den beiden Frauen ist oft ruppig, Nyo Nyo träumt von einem Leben in der Hauptstadt Rangun, von einer eigenen Praxis. 

Wie beiläufig fängt die Kamera Bilder von Militärkonvois ein, von Bombenabwürfen in der Nähe und Raketeneinschlägen. Von Demonstrationen, die von buddhistischen Bürgerwehren initiiert sind. Offen fordern Menschen, die ihre Nachbarn sind, den Tod der Rohingya-Angehörigen.

Die Regisseurin, die an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert hat, scheint sich in jeder Einstellung bewusst, dass sie hier Menschen porträtiert, die zwei sehr komplizierte Jobs unter Bürgerkriegsbedingungen machen. Ein mitreißende Dokumentation - unspektakulär spektakulär!

"Midwives". MMR u. a. 2022. Regie: Snow Hnin Ei Hlaing. Kinostart: 26. Januar 2023

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