Aktuell Bericht 07. Mai 2018

Fischerdorf durch chinesischen Bergbaukonzern bedroht

Ein chinesischer Bergbaukonzern schüttet im Norden Mosambiks Sanddeponien auf

Ein chinesischer Bergbaukonzern schüttet im Norden Mosambiks Sanddeponien auf

Ein großer chinesischer Bergbaukonzern bedroht im Norden Mosambiks die Existenz eines Fischerdorfes mit über tausend Einwohnern. Nachdem es bereits 2015 wegen der Aufschüttung von Sanddeponien in dem ökologisch sensiblen Gebiet zu einer katastrophalen Flut kam, könnte das gesamte Dorf von einer neuerlichen Flut erfasst und in den Indischen Ozean gespült werden. Dies geht aus dem neuen Bericht "Our Lives Mean Nothing. The Human Cost of Chinese Mining in Nagonha, Mozambique" von Amnesty International hervor.

Im Bericht wird dargestellt, wie der Betrieb des Bergbaukonzerns Haiyu wahrscheinlich hauptursächlich für eine Sturzflut verantwortlich war, die am 7. Februar 2015 im Dorf Nagonha 48 Häuser zerstörte und 270 Menschen obdachlos machte. Trotz der Katastrophe haben die Behörden des südostafrikanischen Landes seither nichts unternommen, um die Industrie stärker zu beaufsichtigen.

Lagunen und Feuchtgebiete mit Sand zugeschüttet

Nach Aussagen der örtlichen Behörden wurden bei den Überschwemmungen im Jahr 2015 48 Häuser komplett, weitere 173 teilweise zerstört. Dorfälteste und lokale Autoritäten, die mehr als 70 Jahre in Nagonha gelebt hatten, berichteten Amnesty International, dass es keine Überlieferungen von einer vergleichbaren Flut in der Geschichte des Dorfes gebe.

Der Vergleich von Satellitenbildern des Gebietes zwischen Dezember 2010 und Oktober 2014 zeigt den Aufbau von bergbaubedingten Sandablagerungen um Nagonha und die allmähliche Veränderung des natürlichen Wasserflusses. 280.000 Quadratmeter Feuchtgebiet nördlich des Dorfes wurden mit Sand bedeckt und der Kanal, der die Lagunen westlich und nördlich des Dorfes mit dem Meer verbindet, damit vollständig blockiert.

Alle verfügbaren Beweise deuten darauf hin, dass Haiyus Bergbauaktivitäten und insbesondere die Art und Weise, wie der chinesische Konzern Sand in der Landschaft ablagerte, das Küstendorf einem erhöhten Überschwemmungsrisiko aussetzte und aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich zum Hochwasser im Jahr 2015 beitrug. Diese Analyse deckt sich mit den Aussagen der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner von Nagonha sowie mit der Ansicht unabhängiger Umweltexpertinnen und -experten, die Amnesty International bei verschiedenen Besuchen in Mosambik zwischen 2015 und 2017 einholte.

Ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt

Die Gemeinde, die stark vom Fischfang abhängig ist, hat wegen der Sanddeponien auch lebenswichtige natürliche Ressourcen verloren: Trinkwasser, Heilpflanzen, Lagunen zum Fischen, Wildfrüchte, traditionelle Medikamente und Brennholz – all dies war früher in dem Feuchtgebiet zu finden.

Amnesty International stellte zudem fest, dass Haiyu vor Beginn der Bergbautätigkeit keine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen hat. Die Gemeinde wurde nicht konsultiert, obwohl die lokalen Gesetze dies vorschreiben.

Dorfbewohner werden sich selbst überlassen

Ein Bewohner erzählte Amnesty International, wie er alles verlor, wofür er gearbeitet hatte: "Mein Haus war genau dort, wo jetzt der Fluss ist...Vier von uns lebten im Haus – ich, meine Frau, mein Sohn und mein jüngerer Bruder. Es gab so viele Dinge im Haus – vier Hühner, ein Bett, ein Solarpanel.... Kleidung und Schuhe, Teller, Töpfe und Becken. Das haben wir alles verloren. Wir merkten, wie das Haus zusammenbrach und liefen um unser Leben. Wir sahen, wie das Haus vom Wasser mitgerissen wurde."

Ich verlor alle meine Angelgeräte: vier Netze, vier Rollen Leinen, die Bootsbojen, zwei Säcke Reis, Kochutensilien, die Kleidung meiner fünf Kinder, meiner Frau und meine eigenen. Mein Haus war neu. Wir sollten für unsere Verluste durch die Chinesen entschädigt werden. Ihre Maschinen stauten das Wasser in den Feuchtgebieten.

Fischer
aus dem Dorf Nagonha im Norden Mosambiks

Haiyu allerdings hat sich geweigert, den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern, die obdachlos geworden oder deren Häuser und Habe beschädigt worden sind, eine Entschädigung zu zahlen.

Die Jahrhundertflut habe natürliche Ursachen, behauptete Haiyu

In seiner Antwort auf den Bericht von Amnesty International hat das Unternehmen jegliche Verantwortung für die Überschwemmung von 2015 von sich gewiesen. Die Jahrhundertflut habe vielmehr natürliche Ursachen. Sie sei Folge der starken Niederschläge, behauptete der Konzern. Haiyu habe zudem Arbeiten zur Unterstützung des Hochwasserschutzes in der Region vorgenommen.

Profit vor Verantwortung

Amnesty International beklagt, dass sich das Unternehmen seiner Verantwortung entzieht, anstatt die Verantwortung für die Zerstörung der Häuser und Lebensgrundlagen der Menschen zu übernehmen. Haiyu muss den Bewohnerinnen und Bewohnern von Nagonha einen Wiederansiedlungsplan vorlegen und ihnen angemessene Entschädigungen für den Verlust oder die Beschädigung ihrer Häuser und Lebensgrundlagen anbieten. Außerdem muss Haiyu, soweit möglich, die Feuchtgebiete wiederherstellen.

Zudem fordert Amnesty International die mosambikanischen Behörden auf, Ermittlungen gegen den Bergbaukonzern wegen Verstößen gegen mosambikanische Gesetze aufzunehmen. Die Behörden müssen zudem dafür sorgen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner von Nagonha Wiedergutmachung für ihren Verlust erhalten.

Hintergrund

Nagonha ist ein ländliches Fischerdorf mit 1329 Einwohnerinnen und Einwohnern, die in 236 Hütten auf einer Sanddüne am Indischen Ozean, etwa 180 km östlich von Nampula-Stadt, leben. Das Dorf befindet sich im Gebiet einer Bergbaukonzession, die am 19. Dezember 2011 an das chinesische Bergbauunternehmen Haiyu Mozambique Mining Co. Lda (eine Tochtergesellschaft der Hainan Haiyu Mining Co. Ltd. mit Sitz in China) vergeben wurde.

Das Unternehmen baut Sand ab und extrahiert daraus Mineralien, namentlich Ilmenit, Titan und Zirkon. Haiyu begann mit dem Abbau etwa drei Kilometer nördlich des Dorfes und setzte diesen nach Süden in Richtung des Dorfes fort. Dabei wurden Sanddünen planiert, die Vegetation gerodet und Bergbauabfälle im Feuchtgebiet versenkt. Zwei große Lagunen und die Wasserwege, die die Lagunen und das Feuchtgebiet mit dem Meer verbanden, wurden zugeschüttet.

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