Aktuell Japan 30. November 2022

Japan: Urteil zur gleichgeschlechtlichen Ehe gibt in Teilen Anlass zur Hoffnung

Das Bild zeigt mehrere Personen, mit Regenbogenfahnen und Schaals

Das Bezirksgericht in Tokio bestätigte in seinem Urteil das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen durch die japanische Regierung. Dennoch können Teile des Urteils als Erfolg gewertet werden.

Dazu sagt Boram Jang, Ostasien-Researcher bei Amnesty International:

"Das Gericht hat zwar das diskriminierende Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen durch die Regierung bestätigt. Aber es erkannte auch an, dass das Fehlen rechtlicher Regelungen für gleichgeschlechtliche Paare, die eine Familie haben möchten, ein Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt. Dies zumindest gibt Anlass zur Hoffnung."

Das Urteil heute ist nicht das Urteil, das sich die LGBTI-Community gewünscht hatte. Aber es ist ein wichtiger Schritt nach vorne für gleichgeschlechtliche Paare in Japan. Trotzdem gibt es noch viel mehr zu tun, um die Diskriminierung anzugehen, die den Mitgliedern der LGBTI-Community in der japanischen Gesellschaft widerfährt. Es ist an der Zeit, dass die Regierung ihre Haltung zu LGBTI-Rechten ändert.

Seit Jahren verzögert das japanische Parlament ein Gesetz zur Förderung des 'Verständnisses' gegenüber LGBTI und zur Vorbeugung von Diskriminierung. Die Regierung muss konkrete Maßnahmen verabschieden, die die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren und anderen Mitgliedern der LGBTI-Community in allen Lebensbereichen beenden."

Hintergrund

Vier gleichgeschlechtliche Paare hatten vor dem Bezirksgericht in Tokio geklagt, da die Bestimmungen des japanischen Zivilrechts und des Familienregistrierungsgesetzes, die die gleichgeschlechtliche Ehe verbieten, ihrer Ansicht nach verfassungswidrig seien. Eine der klagenden Personen verstarb vergangenes Jahr im Alter von 61 Jahren noch vor der Urteilsverkündung.

Das Bezirksgericht in Tokio urteilte am 30. November 2022, dass das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in Japan nicht verfassungswidrig ist. Es wies Schadensersatzforderungen von gleichgeschlechtlichen Paaren zurück, die sich darauf berufen hatten, dass die entsprechenden Gesetze gegen die verfassungsmäßige Eheschließungsfreiheit verstießen. Die Eheschließungsfreiheit besagt, dass jede Person das Recht hat zu entscheiden, ob sie heiratet - und wenn ja, wen.

Zugleich aber wies es in seinem Urteil darauf hin, dass "die Abwesenheit rechtlicher Regelungen eine ernsthafte Bedrohung darstellt und es (dafür) im Anbetracht der Würde jedes einzelnen Menschen keine plausiblen Gründe gibt" und dass "der Zustand verfassungswidrig ist, da er Paragraf 24(2) der Verfassung widerspricht."

Dem Urteil des Bezirksgerichts in Tokio gehen zwei ähnliche Fälle aus den vergangenen Jahren voraus, bei denen die beteiligten Gerichte zu gegensätzlichen Ergebnissen kamen.

Im Juni 2022 bestätigte das Bezirksgericht in Osaka das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe. Zuvor hatte im März 2021 das Bezirksgericht in Sapporo entscheiden, dass dieses Verbot verfassungswidrig sei.

Bezirksgerichte haben nicht die Autorität, die gleichgeschlechtliche Ehe in ihrem Zuständigkeitsbereich anzuerkennen, sofern es dafür keine konkrete gesetzliche Grundlage gibt.

In Japan fehlt es noch an einer nationalen Gesetzgebung gegen Diskriminierung auf Grundlage der sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder dem Intersex-Status einer Person. Seit dem 1. November 2022 stellt die Stadtverwaltung von Tokio Partnerschaftszertifikate an gleichgeschlechtliche Paare aus. Dadurch erhalten die Paare aber nicht dieselben Rechte wie durch eine Eheurkunde: So beerben sich die Partner*innen im Vergleich zu Ehepartner*innen nicht automatisch.

Amnesty International ruft die japanische Regierung weiterhin dazu auf, sich dringend den Rechten von Mitgliedern der LGBTI-Community zu widmen. Die Regierung muss eine umfassende nationale Gesetzgebung auf den Weg bringen, die im Besonderen die Diskriminierung auf Grundlage der sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder dem Intersex-Status einer Person verbietet.

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