Aktuell Hongkong 25. Oktober 2021

Amnesty International schließt Büros in Hongkong

Das Bild zeigt ein großes Protest-Banner "Free all political prisoners"

Demonstration für mehrere pro-demokratische Aktivist_innen, die auf Grundlage des neuen Sicherheitsgesetzes in Hongkong unter Anklage stehen (1. März 2021).

Amnesty International schließt die Büros in Hongkong. Grund dafür sind das erlassene nationale Sicherheitsgesetz und das harte Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Menschenrechtsorganisationen, welche die Arbeit vor Ort verunmöglichen. Die regionalen Aktivitäten werden auf andere Standorte verlagert.

Amnesty International wird beide Büros in Hongkong bis zum Ende des Jahres schließen. Das Büro der lokalen Sektion von Amnesty Hongkong, das sich vornehmlich mit Menschenrechtsbildung befasst, wird seine Tätigkeit am 31. Oktober einstellen. Das Regionalbüro, das Teil des internationalen Sekretariats von Amnesty International ist, soll bis Ende 2021 geschlossen werden. Die regionalen Aktivitäten werden in die anderen Büros der Menschenrechtsorganisation im asiatisch-pazifischen Raum verlagert.

Es wird immer schwieriger für uns, in einem solch instabilen Umfeld weiter zu arbeiten.

Anjhula Mya Singh
Bais
Vorsitzende des internationalen Vorstands von Amnesty International

"Die Entscheidung haben wir schweren Herzens getroffen", sagt Anjhula Mya Singh Bais, Vorsitzende des internationalen Vorstands von Amnesty International. Der Schritt sei aufgrund des von Peking erlassenen nationalen Sicherheitsgesetzes erfolgt. "Das Gesetz macht es Menschenrechtsorganisationen in Hongkong praktisch unmöglich, frei und ohne Angst vor ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen der Regierung zu arbeiten."

Das von der chinesischen Zentralregierung verhängte Gesetz zur nationalen Sicherheit wurde am 30. Juni 2020 in Kraft gesetzt. Es erlaubt den Behörden gegen alle Aktivitäten in Hongkong vorzugehen, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Dazu gehören Vorwürfe wie "Umsturz der Staatsmacht", "terroristische Aktivitäten" oder "Absprachen mit ausländischen oder externen Kräften zur Gefährdung der nationalen Sicherheit". Die weitreichende und vage formulierte Definition der "nationalen Sicherheit" wird von der chinesischen Regierung als Vorwand genutzt, um die Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit einzuschränken sowie abweichende Meinungen und politische Opposition zu unterdrücken.

Tweet von Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International:

Twitter freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Twitter her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

"Die jüngsten Angriffe auf lokale Menschenrechts- und Gewerkschaftsgruppen zeugen davon, wie die Behörden ihr Vorgehen gegen alle abweichenden Stimmen in der Stadt intensiviert haben. Es wird immer schwieriger für uns, in einem solch instabilen Umfeld weiter zu arbeiten", sagt Anjhula Mya Singh Bais. "Das durch das nationale Sicherheitsgesetz geschaffene Umfeld der Repression und der ständigen Unsicherheit macht es unmöglich zu wissen, welche Aktivitäten zu strafrechtlichen Sanktionen führen könnten. Das Gesetz wurde wiederholt eingesetzt, um Menschen ins Visier zu nehmen, die die Behörden aus den unterschiedlichsten Gründen verärgert haben – weil sie politische Lieder sangen oder Menschenrechtsfragen im Klassenzimmer diskutierten."

Amnesty dokumentierte in einem Briefing vom Juni 2021 die rapide Verschlechterung der Menschenrechtslage in Hongkong ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur nationalen Sicherheit. Die Razzien, Verhaftungen und die strafrechtliche Verfolgung von vermeintlichen Kritiker_innen haben deutlich gemacht, wie das Gesetzes manipuliert werden kann, um gegen alle vorzugehen, die sich kritisch gegenüber den Behörden äußern.

Das harte Vorgehen der Regierung gegen Aktivist_innen, Oppositionspolitiker_innen und unabhängige Medien hat sich in letzter Zeit auch auf Organisationen der Zivilgesellschaft ausgeweitet. Mindestens 35 Gruppierungen haben sich seit Inkrafttreten des Gesetzes aufgelöst, darunter einige der größten Gewerkschaften und Aktivist_innengruppen der Stadt.

Instagram-Beitrag von Amnesty in Hongkong:

Instagram freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Instagram her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Den Menschen weiterhin zur Seite stehen

Amnesty International hat von den Hongkonger Büros aus Themen wie Meinungsfreiheit in Nordkorea, Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen in Südkorea, das Recht auf Wohnraum in der Mongolei, Japans Kriegsverbrechen an "Trostfrauen" oder das harte Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte in China bearbeitet. "Darüber hinaus haben die Bildungsprogramme von Amnesty International Hongkong – von Vorträgen im Klassenzimmer bis hin zu einem Dokumentarfilmfestival – das Bewusstsein für die Menschenrechte nicht nur in den Schulen der Stadt, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit gestärkt. Keine Macht kann dieses Erbe zerstören", sagt Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

"Es liegen schwierige Tage für die Menschenrechte vor uns, aber Amnesty International wird weiterhin an der Seite der Menschen in Hongkong stehen. Wir werden dafür kämpfen, dass ihre Rechte geschützt werden, und wir werden diejenigen, die diese Rechte missachten, genau unter die Lupe nehmen", sagte Agnès Callamard. "Wir sind den Amnesty-Mitgliedern und -Mitarbeiter_innen, die sich in den letzten 40 Jahren unermüdlich für den Schutz der Menschenrechte in und aus Hongkong eingesetzt haben, zu großem Dank verpflichtet. Amnesty International hat dazu beigetragen, die Todesstrafe in Hongkong 1993 abzuschaffen und hat Beweise für exzessive Gewaltanwendung durch die Polizei während der Massenproteste 2019 geliefert."

"Die Stadt zu verlassen, die wir seit Jahrzehnten unser Zuhause nennen, ist niederschmetternd. Aber wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben, und wir sind zuversichtlich, dass die Stärke der mehr als 10 Millionen Unterstützer_innen von Amnesty International weltweit es uns ermöglichen wird, dass wir unsere Arbeit fortsetzen können, um Menschenrechtsverletzungen weltweit ein Ende zu setzen."

Weitere Artikel