Journalist weiterhin Restriktionen ausgesetzt

Die Behörden in Sierra Leone behalten seit der Freilassung des Journalisten David Tam Baryoh gegen Kaution am 14. November 2014 dessen Reisepass ein. Dies beeinträchtigt seine Arbeit und sein Privatleben, da er nicht reisen kann. Somit ist David Tam Baryoh weiterhin ein gewaltloser politischer Gefangener, der nur aufgrund der Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit zum Ziel der Behörden geworden ist.

Appell an

PRÄSIDENT
Ernest Bai Koroma
The President
State House
Freetown
SIERRA LEONE
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: jkawusu-konte@statehouse.gov.sl oder jaramenajara@yahoo.com

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
Franklyn Bai Kargbo
Minister of Justice and Attorney General
Ministry of Justice, 3rd Floor, Guma Building
Lamina Sankoh Street
Freetown
SIERRA LEONE
Fax: (00 232) 22 22 93 66 oder (00 232) 22 22 49 40

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SIERRA LEONE
S. E. Herrn Jongopie Siaka Stevens
Herwarthstr. 4
12207 Berlin
Fax: 030-772 058 52 9
E-Mail: embassy@slembassy-germany.org

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. Oktober 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

An den Präsidenten:

  • Ich fordere Sie auf, sämtliche Bedingungen aufzuheben, an die die Freilassung von David Tam Baryoh geknüpft war, und ihm seinen Reisepass zurückzugeben.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung während und nach der Ebola-Epidemie nicht unnötig eingeschränkt wird und alle Menschen dieses Recht gemäß den internationalen und regionalen Menschenrechtsnormen wahrnehmen können. Bitte sorgen Sie außerdem dafür, dass Journalist_innen ihrer Arbeit frei und ohne Hindernisse, Einschüchterungen oder Schikanen nachgehen können.

An die unabhängige Medienkommission:

  • Ich bitte Sie eindringlich, dafür zu sorgen, dass die Radiosendung "Monologue" auch während der noch laufenden Ermittlungen fortgesetzt werden darf. Bitte stellen Sie sicher, dass jegliche Untersuchungen und Entscheidungen in voller Übereinstimmung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß regionalen und nationalen Menschenrechtsnormen erfolgen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to remove any conditions on David Tam Baryoh’s release and to return his passport.

  • Urging the Independent Media Commission to lift the suspension of the radio programme "Monologue" whilst an investigation is underway and ensure that any investigation and decision is in full compliance with the right to freedom of expression under regional and international human rights law.

  • Calling on the authorities to ensure that the right to freedom of expression is not unnecessarily restricted during and after the Ebola crisis, and that everyone is able to enjoy this right in conformity with international and regional human rights law and that journalists can carry out their work freely and without hindrance, intimidation or harassment.

Sachlage

Am 3. November 2014 wurde David Tam Baryoh wegen Volksverhetzung auf der Grundlage einer vom Präsidenten Ernest Bai Koroma unterzeichnete Haftanordnung von der Polizei festgenommen. In einer staatlichen Presseerklärung vom 7. November wurde die Festnahme von David Tam Baryoh damit begründet, dass seine Aussagen Hass und Unzufriedenheit schüren und die Stabilität gefährden könnten. Zwei Tage zuvor hatte David Tam Baryoh für den unabhängigen Radiosender Citizen FM einen Sprecher der Oppositionspartei interviewt. Der Sprecher kritisierte die Handhabung der Ebola-Epidemie durch die Regierung und äußerte Bedenken hinsichtlich des Managements des Ebola-Krisenfonds durch die Behörden.

David Tam Baryoh wurde im Hochsicherheitsgefängnis Pademba Road in Freetown elf Tage lang ohne Anklage festgehalten und schließlich am 14. November gegen Kaution freigelassen. Seitdem behält die Regierung seinen Reisepass ein und der Journalist kann infolgedessen nicht reisen. Im August forderte er in einem Schreiben an den Präsidenten die Rückgabe seines Passes, hat bisher jedoch keine Antwort erhalten. Da die Freilassung von David Tam Baryoh an Auflagen gebunden war, betrachtet ihn Amnesty International weiterhin als gewaltlosen politischen Gefangenen.

Am 26. August 2015 wurde seine Radiosendung "Monologue" von der unabhängigen Medienkommission (Independent Media Commission – IMC) wegen laufender Ermittlungen eingestellt. In einer Presseerklärung teilte die IMC mit, dass bei den Sendungen häufig die Tendenz bestünde, "den nationalen Frieden sowie die nationale Sicherheit zu beeinträchtigen und Hass und soziale Unruhen zu schüren". In den jüngsten Diskussionen der Sendung ging es vor allem um Bedenken hinsichtlich des kürzlichen Kaufs von Bussen durch den Minister für Transport und Luftfahrt. Die Sierra Leone Association of Journalists (SLAJ) hat die Entscheidung kritisiert und erklärte, dass die IMC gemäß dem Independet Media Commission Act von 2007 nicht befugt sei, eine Radiosendung vor dem Abschluss einer Untersuchung auf unbestimmte Zeit einzustellen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Festnahme von David Tam Baryoh erfolgte inmitten einer Gesundheitskrise, wie sie das Land noch nie erlebt hat. Am 25. Mai 2014 gab die Regierung von Sierra Leone nach der Laborbestätigung eines Verdachtsfalls aus dem Distrikt Kailahun über das Gesundheitsministerium den Ausbruch von Ebola bekannt. In einer ersten Ansprache an die Nation rief Präsident Ernest Bai Koroma am 30. Juli 2014 den gesundheitlichen Notstand aus. Dieser sollte der Regierung und ihren Partnern helfen, wirksamere Maßnahmen gegen die Ebola-Epidemie zu ergreifen. Am 7. August 2014 folgten weitere Verordnungen.

Im Mai 2015 äußerte Amnesty International Bedenken hinsichtlich der Anwendung dieser Verordnungen und weiterer Gesetze zur unverhältnismäßigen Einschränkung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Im Januar 2014 war David Tam Baryoh wegen Volksverhetzung festgenommen worden. Im Mai 2014 wurde seine Radiosendung "Monologue" auf staatliche Anordnung für zwei Monate verboten.

Amnesty International hat dokumentiert, wie eine verstärkte Anwendung von Verleumdungsgesetzen in Sierra Leone die Meinungsfreiheit bedroht. Im Oktober 2013 wurden beispielsweise Leigh und Bai Bai Sesay vom Independent Observer wegen Verleumdung angeklagt, weil sie einen Artikel veröffentlich hatten, in dem der Präsident kritisiert wurde. Leigh und Bai Bai Sesay bekannten sich des Komplotts zur Veröffentlichung eines aufrührerischen Artikels für schuldig. Sie wurden im März 2014 vom Hohen Gericht in Freetown verwarnt und anschließend freigesprochen.