MenschenrechtsaktivistInnen in Gefahr

Kirgisischen MenschenrechtlerInnen ist Gewalt angedroht worden, weil sie Personen kostenlosen Rechtsbeistand anbieten, denen zur Last gelegt wird, an den Zusammenstößen zwischen Kirgisen und Usbeken im Juni 2010 beteiligt gewesen zu sein. Amnesty International befürchtet, dass die Männer und Frauen in Lebensgefahr sind.

Appell an

INNENMINISTER
Zarylbek Rysaliev
Frunze Street, 469
Bishkek 720040
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 996) 312 62 38 53
E-Mail: pressa429@gmail.com

GENERALSTAATSANWALT
Kubatbek Baibolov
72, Orozbekova Street
Bishkek 720040
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor)
Fax: (00 996) 312 66 54 11

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Roza Otunbaeva
Dom Pravitelstva
Bishkek 720003
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00 996) 312 62 50 12
E-Mail: admin@kyrgyz-el.kg

BOTSCHAFT DER KIRGISISCHEN REPUBLIK
Herr Erines Otorbaev
Gesandter-Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)
Otto-Suhr-Allee 146, 10585 Berlin
Fax: 030-3478 1362
E-Mail: info@botschaft-kirgisien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. November 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie hiermit eindringlich auf, sofort Maßnahmen zum Schutz der MitarbeiterInnen der Menschenrechtsorganisation Spravedlivost (Gerechtigkeit) zu ergreifen.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass MenschenrechtsverteidigerInnen, AnwältInnen und andere zivilgesellschaftlich engagierte Personen ihre rechtmäßige Arbeit ohne Angst vor Drohungen ausüben können.

  • Ich fordere Sie auf, sicherzustellen, dass die Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den Gewaltausbrüchen vom Juni 2010 in ordnungsgemäßer, fairer und transparenter Weise durchgeführt werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to take all the necessary measures to guarantee the safety of the staff of human rights organization Spravedlivost.

  • Calling on the authorities to ensure that human rights defenders, lawyers and other civil society actors are able to carry out their legitimate work without fear of harassment or obstruction.

  • Urging the authorities to take immediate action to ensure that trials relating to the June violence are conducted in an orderly, fair and transparent manner.

Sachlage

Am Nachmittag des 12. Oktober wurden MitarbeiterInnen der Menschenrechtsorganisation Spravedlivost (Gerechtigkeit) von zwei Unbekannten drangsaliert, die drohten, am nächsten Tag zum Büro zurückzukehren. Die Organisation in Dschalal-Abad bietet sowohl Kirgisen als auch Usbeken Rechtsbeistand an, die im Juni in die gewaltsamen Unruhen im Süden des Landes beteiligt gewesen sein sollen. Dabei waren mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen.

Die beiden Männer gaben an, Verwandte von einigen Kirgisen zu sein, die während der Ausschreitungen im Juni getötet worden waren. Den Angestellten im Büro zufolge befragten die Männer sie, wie sie sich finanzierten und weshalb sie "Anwälte für Mörder beschäftigen". Sie fragten außerdem nach den genauen Namen und Kontaktdetails der Angestellten sowie nach Einzelheiten über den Direktor der Menschenrechtsorganisation.

Die zwei Männer sind mutmaßlich mit 16 Menschen verwandt, die am 13. und 14. Juni getötet wurden, als es in der Nähe einer Baumwollfabrik in der Region Susak zu den Ausschreitungen kam. 14 usbekische Männer wurden im Zusammenhang mit den Vorfällen im sogenannten "SANPA"-Fall unter Anklage gestellt. Das Gerichtsverfahren begann am 30. September in Nooken im Gebiet Dschalal-Abad. Es wurde auf den 14. Oktober verschoben, nachdem die Familien der "SANPA"-Opfer Berichten zufolge einige der Angehörigen der Angeklagten sowie einen Anwalt von Spravedlivost während der gerichtlichen Anhörung geschlagen haben. Die beiden Männer befahlen den Angestellten von Spravedlivost, dass die von der Menschenrechtsorganisation engagierten Anwälte von einigen der usbekischen Angeklagten während der Gerichtsverhandlung still sitzen sollten, keine Fragen stellen oder Eingaben an das Gericht richten dürften. Den Angestellten des Büros zufolge drohten die beiden Männer mit "Wir werden’s euch zeigen" und sagten, dass sie wiederkommen würden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International ist nach wie vor besorgt angesichts der Berichte über Schikanen und Einschüchterungen, denen MenschenrechtsaktivistInnen, AnwältInnen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen im Süden Kirgisistans seit den Ausschreitungen im Juni ausgesetzt sind. MenschenrechtsverteidigerInnen und AnwältInnen sind aufgrund ihrer Arbeit für Usbeken, die wegen der Organisation der Gewalt vom Juni unter Anklage gestellt wurden, beschimpft und tätlich angegriffen worden. Während einiger der darauf folgenden Gerichtsverfahren haben Anwesende im Gerichtssaal VerteidigerInnen angegriffen, obwohl sie dabei von Polizei und Gerichtsbediensteten beobachtet wurden, die aber nichts unternahmen, um die Angriffe zu stoppen.

Im jüngsten Fall wurden die Anwälte des angeklagten Menschenrechtsverteidigers Azimzhan Askarov von Angehörigen des Polizisten, dessen Mordes er beschuldigt wird, vor Gericht bedroht. Zudem wurden sie von Angehörigen des verstorbenen Polizisten mit Stöcken geschlagen und mit Glasscherben beworfen. Der Richter und andere Bedienstete des Gerichts schritten Berichten zufolge nur sporadisch ein, um weitere Gewaltakte zu verhindern. Die Anhörung vor dem Berufungsgericht im Gebiet Dschalal-Abad ist für den 25. Oktober angesetzt.

Der kirgisische Rechtsanwalt Tahir Asanov wurde im Gericht angegriffen, nachdem er eine Untersuchung der Polizeibrutalität gegen seinen Mandanten und neun weitere Männer während ihres Verfahrens in Osch im Süden Kirgisistans gefordert hatte. Der Mandant von Tahir Asanov steht mit neun weiteren Männern unter mehreren Anklagen, die von der Beteiligung am Tod des Polizeichefs des Bezirks Kara Suu bis zur Beteiligung an Aufständen reichen. Nachdem Tahir Asanov eine Untersuchung der Prügel forderte, beleidigten und attackierten ihn Angehörige des getöteten Polizeichefs im Gerichtsraum. Nach Ende der Verhandlung folgten Angehörige des toten Polizeichefs dem Anwalt außerhalb des Gerichtssaals und griffen ihn an. Sie schlugen etwa zehn Minuten lang auf ihn ein. Die während des Angriffs anwesende Polizei griff nicht ein.

Spravedlivost ist eine bekannte unabhängige Menschenrechtsorganisation in Dschalal-Abad. Ihre Mitglieder nehmen schon seit Jahren Fälle von Polizeibrutalität, Folter oder anderen Misshandlungen an. Sie bieten jeder Person Rechtsbeistand, die in ihr Büro kommt, unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit oder Lage. Spravedlivost hat in Dschalal-Abad während der Juni-Ausschreitungen Menschenrechtsverletzungen beobachtet und dokumentiert.