Sorge um Vertriebene

Hunderte somalische und äthiopische Flüchtlinge und Asylsuchende sind nach Angriffen auf ihre Läden Anfang Juni nach wie vor obdachlos. Seit dem 12. Juni haben im Township Mamelodi nordöstlich der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria keine erneuten Übergriffe mehr stattgefunden. Die Situation der Vertriebenen gibt jedoch Anlass zur Sorge, auch im Hinblick auf ihre langfristige Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

Appell an

KOMMANDANT DER MAMELODI-CLUSTER-POLIZEIEINHEIT
Major General G.D. Seswike
PO Box 55
Mamelodi West, 0101
SÜDAFRIKA
(Anrede: Dear Major General / Sehr geehrter Herr Generalmajor)
Fax: (00 27) 12 812 9030

Sende eine Kopie an

KOMMISSAR DER PROVINZPOLIZEI GAUTENG
Lt General L.J. Mothiba
16 Empire Road
Johannesburg, 2017
SÜDAFRIKA
Fax: (00 27) 11 274 7312
E-Mail: gpprovcommpa@saps.org.za

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SÜDAFRIKA
S. E. Herrn Makhenkesi Arnold Stofile
Tiergartenstraße 18
10785 Berlin
Fax: 030-2207 3190
E-Mail: berlin.info@dirco.gov.za

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. August 2014 keine Appelle mehr zu verschicken

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es bereitet mir große Sorge, dass es in Mamelodi zu Übergriffen gekommen ist, bei denen Besitztümer geplündert und Flüchtlinge, darunter auch Asylsuchende, vertrieben wurden.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass der südafrikanische Polizeidienst allen Personen in seinem Zuständigkeitsbereich denselben Schutz zukommen lässt. Alle Leiter_innen von Polizeistationen in der Provinz sollten durchgängig die klare Anweisung erhalten, das Leben und Eigentum von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migrant_innen vor organisierter Gewalt und Plünderung sowie der angedrohten oder tatsächlichen Schließung ihrer Läden zu schützen.

  • Ich möchte Sie zudem eindringlich bitten, die Verpflichtung der südafrikanischen Regierung zum Schutz der Rechte von Flüchtlingen und Asylsuchenden auf allen Regierungsebenen zu achten.

Sachlage

Zwischen dem 7. und 10. Juni kam es im Township Mamelodi und in umliegenden Bezirken zu Übergriffen auf mehr als 100 Geschäfte, infolge derer mindestens 275 Personen, darunter auch Frauen und Kinder, aus ihren Läden und Wohnungen vertrieben wurden. Die meisten Vertriebenen sind somalische Staatsangehörige. Sie sind derzeit großteils in überfüllten Notunterkünften untergebracht, die von Flüchtlingsorganisationen bereitgestellt wurden. Es besteht Anlass zur Sorge, was die Befriedigung ihrer unmittelbaren humanitären Bedürfnisse (Nahrung, Decken, Toilettenartikel) angeht. Darüber hinaus bestehen Befürchtungen bezüglich ihrer langfristigen Situation und der Möglichkeiten, in ihre Wohnungen und Läden zurückzukehren.

Die Behörden haben die Angriffe zwar zum Teil verurteilt, aus Diskussionen mit lokalen Interessenvertreter_innen in Mamelodi geht jedoch hervor, dass die vertriebenen Flüchtlinge und Asylsuchenden dort derzeit nicht willkommen sind. Es gibt einige Hinweise darauf, dass die Angriffe durch politische Rivalitäten in der Gegend ausgelöst worden sind. Amnesty International ist besorgt, dass Vertriebene, die zeitnah in ihre Wohnungen zurückkehren möchten, aufgrund dieser Situation gefährdet sind, da auch keine wirksamen polizeilichen Schutzmaßnahmen bestehen.

Amnesty International setzt sich im Rahmen einer gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Initiative für die Vertriebenen ein und wird die Situation weiter beobachten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Übergriffe auf Geschäfte von Flüchtlingen in Mamelodi finden vor dem Hintergrund anhaltender und gezielter Gewalt gegen Flüchtlinge und Migrant_innen in Südafrika statt. In den ersten zweieinhalb Monaten dieses Jahres wurden in sieben Provinzen Südafrikas ähnliche Vorfälle dokumentiert. 300 Kleinunternehmen wurden dabei geplündert und zerstört, etwa 1.000 Flüchtlinge und Migrant_innen – darunter auch Familienangehörige der Ladenbesitzer – wurden vertrieben, und einige Flüchtlinge sollen ums Leben gekommen sein. Ende März wurden infolge von Übergriffen auf mehr als 150 Läden allein in einer einzigen Stadt in der östlichen Provinz Mpumalanga etwa 600 Personen vertrieben. Auch im April und Mai wurden weitere solche Vorfälle gemeldet. In manchen Fällen konnten humanitäre, zivilgesellschaftliche und Flüchtlingsorganisationen in Zusammenarbeit mit lokalen Polizeieinheiten bzw. Einheiten zum Schutz der öffentlichen Ordnung die schlimmsten Gewalttätigkeiten verhindern bzw. abmildern.

Amnesty International ist nach wie vor besorgt, dass die südafrikanischen Behörden auch sechs Jahre nach den großflächigen gewalttätigen Ausschreitungen und den Vertreibungen von 2008 keine systematischen Präventions- und Schutzmaßnahmen umgesetzt haben.

Ohne solche systematischen Präventions- und Schutzmaßnahmen und angesichts der Straffreiheit der Verantwortlichen sind einige Flüchtlinge und Migrant_innen dazu übergegangen, sich mit eigenen Waffen zu schützen. Im vergangenen Jahr sind Berichten zufolge mindestens drei Personen bei Angriffen getötet oder schwer verletzt worden.

Amnesty International wendet sich bereits seit einigen Jahren mit ihren Anliegen an die südafrikanischen Behörden, und zwar sowohl auf lokaler und nationaler Ebene als auch auf Ebene der Provinzen. Zuletzt hat die Organisation im April 2014 einen Brief an den Präsidenten geschickt.