Azimzhan Askarov in Lebensgefahr

Azimzhan Askarov

Azimzhan Askarov

Der gewaltlose politische Gefangene Azimzhan Askarov ist in der Haft schwer erkrankt und wurde am 12. November in ein Gefängnishospital nahe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek verlegt. Die Familie und ArbeitskollegInnen von Azimzhan Askarov befürchten, dass er ohne angemessene medizinische Versorgung, die in dem Krankenhaus möglicherweise nicht gewährleistet ist, sterben könnte.

Appell an

JUSTIZMINISTER
Salyanova Aida zhenishbekovna,
32 M. Gandi Street, Bishkek 720010
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 996) 312 65 65 92
E-Mail: minjust@minjust.gov.kg

GENERALSTAATSANWALT
Kubatbek Baibolov,
Orozbekova Street, 72, Bishkek 720040,
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor)
Fax: (00 996) 312 66 54 11

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Roza Otunbaeva
Dom pravitelstva, Bishkek 720003, KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00 996) 312 62 50 12
E-Mail: admin@kyrgyz-el.kg

BOTSCHAFT DER KIRGISISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Tolendy Makeyev
Otto-Suhr-Allee 146, 10585 Berlin
Fax: 030-3478 1362
E-Mail: info@botschaft-kirgisien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Dezember 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Mit Bestürzung höre ich, wie schlecht es Azimzhan Askarov gesundheitlich geht, und fordere Sie eindringlich auf, ihn unverzüglich angemessen medizinisch versorgen zu lassen.

  • Ich erwarte, dass Azimzhan Askarov in ein Krankenhaus gebracht wird, falls er im Gefängnis nicht angemessen medizinisch versorgt kann.

  • Azimzhan Askarov sollte sich nicht in Haft befinden, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing alarm that Azimzhan Askarov is critically ill and urging the authorities to ensure that he receives appropriate and necessary emergency care immediately, including being transferred to hospital.

  • Urgung the authorities to transfer Azimzhan Askarov to a hospital outside the prison system if the necessary treatment cannot be provided within it.

  • Reiterating that Azimzhan Askarov should not be in detention or facing trial but is a prisoner of conscience and should be immediately and unconditionally released.

Sachlage

Azimzhan Askarov wurde von Dschalalabat in das vor den Toren der kirgisischen Hauptstadt Bischkek befindliche Gefängnis Nr. 47 verlegt. Dort ist im Vergleich zur Situation im Süden des Landes eine bessere medizinische Versorgung der Insassen gewährleistet. Aus offiziellen Quellen verlautete, Azimzhan Askarov sei von Ärzten untersucht worden, nach deren Erkenntnissen sein Leben nicht mehr in Gefahr sei. Amnesty befürchtet hingegen, dass der Gefangene verlegt worden ist, weil sich sein Gesundheitszustand noch weiter verschlechtert hat.

Der Rechtsanwalt von Azimzhan Askarov hat eine zweite medizinische Untersuchung seines Mandanten beantragt und wirkt darauf hin, dass notwendige Tests durchgeführt und erforderliche Behandlungsschritte eingeleitet werden. In einem Gefängniskrankenhaus ist dies jedoch möglicherweise nur eingeschränkt möglich.

Azimzhan Askarov war am 15. September 2010 wegen Mordes und Beteiligung an gewalttätigen Ausschreitungen vom Juni 2010 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Urteil und Strafmaß wurden am 10. November im Berufungsverfahren bestätigt.

Der Rechtsanwalt und Familienangehörige des Gefangenen berichteten am Abschlusstag der Berufungsverhandlung, Azimzhan Askarov habe aufgrund nicht weiter untersuchter Darmbeschwerden seit mehr als 15 Tagen keine Nahrung mehr zu sich nehmen können. Seine ArbeitskollegInnen gaben an, er habe sehr abgezehrt gewirkt, seine Haut sei gelblich verfärbt gewesen. Kurz vor Beginn der Berufungsverhandlung, so der Rechtsanwalt und die Familie von Azimzhan Askarov, habe ein Notarzt in die Haftanstalt gerufen werden müssen, weil sich der Gesundheitszustand des Gefangenen dramatisch verschlechtert habe. Dem Anwalt und der Familie wurde mitgeteilt, der Notarzt habe Azimzhan Askarov nicht die erforderliche medizinische Versorgung zukom-men lassen können. Er habe vielmehr empfohlen, unverzüglich einen Chirurgen hinzuzuziehen, da ein ope-rativer Eingriff notwendig sein könnte.

Amnesty International geht davon aus, dass Azimzhan Askarov aufgrund seines legitimen Einsatzes für die Menschenrechte verhaftet worden ist. Beispielsweise dokumentiert er bereits seit einigen Jahren Misshandlungen von Festgenommenen durch die Polizei.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International geht davon aus, dass Azimzhan Askarov aufgrund seines legitimen Einsatzes für die Menschenrechte festgenommen wurde. Er leitet die Menschenrechtsorganisation Vozdukh (Luft) und dokumentiert bereits seit einigen Jahren Misshandlungen von Festgenommenen durch die Polizei in Bazar-Korgan und anderen Teilen der Region Dschalal-Abad. Während der gewalttätigen Ausschreitungen im Juni im Süden des Landes filmte und fotografierte Azimzhan Askarov einige der Tötungen und – zumeist auf usbekische Häuser in Bazar-Korgan verübte – Brandanschläge. Dafür verantwortlich sollen Gruppen von Bewaffneten und Männern in Militäruniformen sein, bei denen es sich nach eigenen Angaben um Kirgisen handelt.

Am 15. Juni 2010 wurde Azimzhan Askarov in Bazar-Korgan unter dem Verdacht festgenommen, im Zusammenhang mit dem Tod eines Polizisten während der gewalttätigen Unruhen in diesem Monat "Massenunruhen organisiert" und "ethnisch motivierten Hass" geschürt zu haben. Am 13. August erging gegen ihn Anklage wegen "versuchter Geiselnahme", "Lagerung von Munition", "Aufbewahrung extremistischer Schriften", "Schürens von ethnisch motiviertem Hass und Massenunruhen", "Mittäterschaft an einem Mord" sowie "Mittäterschaft an der Tötung eines Beamten mit Polizeibefugnissen". Nach Angaben örtlicher MenschenrechtsverteidigerInnen wurde Azimzhan Askarov auf der Polizeiwache von Bazar-Korgan über einen längeren Zeitraum hinweg geschlagen, um ihn zu zwingen, seine Filmaufnahmen auszuhändigen und den Mord an dem Polizisten zu gestehen.

Am 15. September verurteilte das Bezirksgericht Nooken den Angeklagten Azimzhan Askarov nach einem grob unfairen Prozess zu lebenslanger Haft und der Einziehung seines Vermögens. Örtliche und internationale MenschenrechtsbeobachterInnen gaben an, während der Verhandlung gegen Azimzhan Askarov und sieben Mitangeklagte am 2. September hätten Familienangehörige des verstorbenen Polizisten die Verteidiger und Verwandten von Azimzhan Askarovvor sowohl vor den Türen des Gerichtssaals als auch im Saal selbst bedroht und angegriffen.

Bei einer weiteren Anhörung am 6. September waren im Gesicht von Azimzhan Askarov und drei Mitangeklagten Verletzungen erkennbar, die sie bei der Verhandlung vier Tage zuvor allem Anschein nach noch nicht aufgewiesen hatten. Dieser Umstand lässt vermuten, dass die Männer zwischen den beiden Anhörungen in der Haft geschlagen worden sind.

Das Berufungsverfahren begann am 25. Oktober in der rund 20 Kilometer von Bazar Korgan entfernt gelegenen Stadt Tash-Kumir. Die Verlegung der Verhandlung an einen anderen Ort erfolgte offenbar in dem Bemühen, die Sicherheit sowohl der Angeklagten und ihrer VerteidigerInnen als auch der RichterInnen zu gewährleisten. Der Gerichtssaal wurde zudem von bewaffneten PolizistInnen bewacht. Die Angehörigen des getöteten Polizisten sollen die Verhandlung zwar nicht mehr in dem Maße wie noch das Verfahren zuvor gestört haben, erneut stießen sie jedoch Beleidigungen und Drohungen in Richtung der Angeklagten und ihrer VerteidigerInnen aus. Ferner hielten sie Plakate mit der Forderung nach der Todesstrafe gegen die Angeklagten hoch, bespritzten den Rechtsanwalt von Azimzhan Askarov mit Wasser und bedrohten den Anwalt eines weiteren Angeklagten mit dem Tod. In den ersten Verhandlungstagen wurden keine ZeugInnen der Verteidigung einvernommen. Am 3. November wurde der Prozess nach Nooken verlegt, wo auch das erstinstanzliche Verfahren stattgefunden hatte.

Am 4. November berichteten AugenzeugInnen, sie hätten beobachtet, wie mehrere Angeklagte mit sichtbaren, von Schlägen herrührenden Verletzungen aus dem Gerichtsgebäude geführt wurden. ProzessbeobachterInnen hatten den Gerichtssaal vor den Angeklagten verlassen müssen, weshalb unklar ist, von dem die Angeklagten geschlagen worden sind. Mindestens einem der Angeklagten wurden außerhalb des Gerichtsgebäudes von PolizistInnen Schläge und Fußtritte versetzt, während sie ihn zu dem Fahrzeug eskortierten, mit dem die Angeklagten zurück in das Haftzentrum von Bazar Korgan gebracht werden sollten. Die VerteidigerInnen beantragten eine sofortige medizinische Untersuchung ihrer Mandanten, der Antrag wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft von Bazar Korgan abgewiesen. Nach Angaben von MenschenrechtsverteidigerInnen berief die Staatsanwaltschaft vielmehr eine Pressekonferenz ein, auf der sie bestritt, dass auch nur einer der Angeklagten geschlagen worden sei.