Rechtsmittel gegen Bewährungsstrafe

default_picture

Der madagassische Menschenrechtsverteidiger Raleva wurde aus der Haft entlassen, nachdem er am 26. Oktober vom Gericht in Mananjary zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Er hatte eine chinesische Bergbaufirma öffentlich aufgefordert, einen schriftlichen Nachweis über die zum Abbau von Gold erforderlichen Bergbau- und Umweltgenehmigungen vorzulegen. Kurz darauf wurde eine vermutlich konstruierte Anklage gegen ihn erhoben. Er wird Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Appell an

Madame la Ministre de la Justice

Mme RASOLO Elise Alexandrine,

43 Rue Joel Rakotomolala

Faravohitra – Antananarivo

MADAGASKAR

Sende eine Kopie an

Madagaskar-Expertin

Tamara Léger

Amnesty International Southern Africa


Regional Office, Johannesburg

SÜDAFRIKA

E-Mail: tamara.leger@amnesty.org

Botschaft der Republik Madagaskar

Frau Florence Isabelle Rafaramalala ep. Ratsimba, Botschaftsrätin

Seepromenade 92, 14601 Falkensee

Fax: (033229) 231 429


E-Mail: info@botschaft-madagaskar.de

 

 

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass der Schuldspruch und das Urteil gegen Raleva aufgehoben werden, da sie nur aufgrund seiner friedlichen Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und seine menschenrechtlichen Aktivitäten erfolgten.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das Strafjustizsystem nicht dazu eingesetzt wird, um Menschenrechtsverteidiger_innen anzugreifen, einzuschüchtern oder zu schikanieren und sorgen Sie bitte dafür, dass es möglich ist ohne Angst vor Strafen, Vergeltungsmaßnahmen oder Einschüchterungen für die Menschenrechte einzutreten.

Sachlage

Der madagassische Menschenrechtsverteidiger Raleva wurde am 26. Oktober vom Gericht in Mananjary zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt und aus der Haft entlassen. Bis dahin hatte er 25 Tage im Gefängnis von Mananjary in Untersuchungshaft verbracht. Sein Rechtsbeistand wird Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Der madagassische Umweltschützer Raleva wurde am 27. September in dem Dorf Vohilava nach einer öffentlichen Veranstaltung der Vertreter_innen einer chinesischen Goldminengesellschaft und dem dortigen Bezirksvorsteher von der örtlichen Polizei in Haft genommen. Während der Veranstaltung forderte Raleva die Vertreter_innen der Goldmine auf, den Anwesenden die Bergbau- und Umweltgenehmigungen zu zeigen. Die Veranstaltung diente dazu, die Anwohner_innen darüber zu informieren, dass die Bergbaugesellschaft die notwendigen Genehmigungen erhalten habe, um die zuvor unterbrochenen Bergbauaktivitäten wieder aufzunehmen. Nach mehreren Protestveranstaltungen im Jahr 2016, bei denen die Demonstrierenden der Bergbaugesellschaft vorgeworfen hatten, ohne die gesetzlich nötigen Genehmigungen zu agieren, hatte das Ministerium für Bergbau und Erdöl die Aktivitäten des Bergbauunternehmens ausgesetzt. Laut Angaben seines Rechtsbeistands drohten ihm daraufhin Vertreter_innen der Goldmine und er wurde später mit der Begründung festgenommen, er habe einen "falschen Titel benutzt".  Er wird beschuldigt, den Titel "Bezirksvorsteher" verwendet zu haben. Raleva weist diesen Vorwurf zurück. Da der örtliche Bezirksvorsteher der Veranstaltung beiwohnte, ist es unwahrscheinlich, dass sich Raleva als Bezirksvorsteher vorstellen konnte.

Die Behörden von Madagaskar missbrauchen in zunehmendem Maße das Strafjustizsystem, um gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen vorzugehen.

Raleva ist Mitglied der Menschenrechtsorganisationen Justice et Paix (Gerechtigkeit und Frieden) und des unabhängigen Beobachtungszentrums für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte OIDESCM (l’Observatoire Indépendant des Droits Economiques, Sociaux, et Culturels), einem Ableger der landesweiten Organisation CRAAD-OI (Centre de Recherche et d’Appui pour les Alternatives de Développement dans l’Océan Indien). CRAAD-OI führt unabhängige Forschung durch, um Alternativen für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Im Zentrum stehen dabei die Menschenrechte und Grundsätze sozialer, wirtschaftlicher und umweltverträglicher Gerechtigkeit.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Laut Angaben seines Rechtsbeistands wurde Raleva zuerst in ein Privathaus gebracht, dort über Nacht festgehalten und am nächsten Tag in die Polizeiwache Mananjary gebracht. Dort hielt man ihn fünf Tage lang fest.  Am 3. Oktober brachte man ihn in das Gefängnis von Mananjary, wo er bis zu seinem Prozess am 26. Oktober festgehalten wird.

Seit 2016 verschärfen sich die Spannungen zwischen den Bewohner_innen der Dörfer Vohalava und Ambaladara im Bezirk Mananjary und einem chinesischen Bergbauunternehmen, das dort Gold abbaut. Die Bewohner_innen bemängeln, dass das Unternehmen nicht über die erforderlichen Genehmigungen zum Abbau verfügt. Zudem protestieren sie gegen die Umweltzerstörung, die ihrer Ansicht nach eine Folge der Bergbauaktivitäten ist. Anwohner_innen der Gegend um die Mine berichten über die Verschmutzung des Flusses Itsaka in der Nähe der Goldminen. Sie berichten, dass die Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln in neun von zehn Nachbardörfern stark beeinträchtigt ist.

Am 27. August 2016 unterband das madagassische Ministerium für Bergbau und Erdöl nach mehreren Protestveranstaltungen die Aktivitäten des Bergbauunternehmens bis zur Vorlage der im Madagassischen Bergbaugesetzbuch vorgeschriebenen Abbau- und Umweltgenehmigungen. Am selben Tag beschlagnahmten die regionalen Behörden die Gerätschaften des Unternehmens. Am 7. Juni 2017 bewilligte das Ministerium für Bergbau und Erdöl die Rückgabe der Gerätschaften an das Bergbauunternehmen unter der Maßgabe, dass es nicht benutzt wird, bis die erforderlichen Zulassungen und Genehmigungen vorliegen.

Amnesty International ist sehr besorgt über den Missbrauch des Strafjustizsystems, um gegen Menschenrechtsverteidiger_innen vorzugehen und sie zu schikanieren sowie diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich gegen Projekte zur Erforschung und Ausbeutung der vorhandenen Bodenschätze auf Madagaskar aussprechen. Die Organisation hat zudem die exzessive Verhängung von Untersuchungshaft, insbesondere gegen Menschenrechtsverteidiger_innen, dokumentiert. Damit soll ihre Arbeit behindert und in Misskredit gebracht werden.