Amnesty Report Schweden 28. März 2023

Schweden 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Schweden ergriff keine angemessenen Maßnahmen, um seine Wirtschaft zu dekarbonisieren. Aktivist*innen wurden für zivilen Ungehorsam einer schweren Straftat angeklagt. Die Ungleichheit auf dem Wohnungsmarkt verschärfte sich weiter. Rentierweiden der Sámi wurden durch den Bergbau bedroht. Ein Gesetzentwurf über die Änderung des amtlichen Geschlechts blieb hinter den Menschenrechtsstandards zurück. Ein UN-Sachverständigengremium äußerte Bedenken wegen möglicher rassistischer Diskriminierung im Gesetzesvollzug. Zwei Vertreter von Ölkonzernen standen in Schweden wegen mutmaßlicher Mittäterschaft an Kriegsverbrechen im Südsudan vor Gericht.

Klimakrise

Schweden ergriff nicht nur keine angemessenen Maßnahmen, um seine Wirtschaft zu dekarbonisieren, sondern machte im Umgang mit der Klimakrise sogar Rückschritte. Im Laufe des Jahres führte die Regierung Steuersenkungen für Benzin und Diesel ein, kürzte die Gelder für den Umweltschutz und strich Umweltbudgets sowie Gelder für den internationalen Klimaschutz zusammen.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Im Oktober 2022 sprach das Bezirksgericht Solna zwölf Klimaaktivist*innen, die eine Aktion des zivilen Ungehorsams durchgeführt hatten, wegen Sabotage für schuldig. Die Verurteilung auf der Grundlage des Straftatbestands der Sabotage ließ unverhältnismäßige Einschränkungen des Rechts auf Versammlungsfreiheit befürchten, da vergleichbare frühere Aktionen als weniger schwere Straftaten eingestuft worden waren.

Im August 2022 nahm die Polizei sechs finnische Klimaaktivist*innen fest, die nach Schweden gereist waren, um an einer Demonstration teilzunehmen, und schob sie ab. Ein Aktivist wurde vier Tage lang in Gewahrsam gehalten und erhielt ein zweijähriges Einreiseverbot, das im Berufungsverfahren wieder aufgehoben wurde.

Recht auf Wohnen

Im März 2022 stellte eine von der Regierung ernannte Untersuchungskommission Ungleichheit auf dem Wohnungsmarkt fest und wies darauf hin, dass immer mehr Menschen in unzureichenden oder überbelegten Wohnungen leben mussten oder ihre Wohnung ganz verloren.

Rechte indigener Gemeinschaften

Im März 2022 trat ein neues Gesetz in Kraft, wonach der indigenen Gemeinschaft der Sámi das Recht auf Konsultation zusteht. Das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung vor der Verabschiedung oder Umsetzung gesetzlicher oder verwaltungstechnischer Maßnahmen, die sie betreffen könnten, wurde durch das Gesetz jedoch nicht angemessen gewährleistet.

Trotz heftigen Widerstands vonseiten der betroffenen Sámi-Dörfer, des Sámi-Parlaments, der schwedischen Umweltbehörde und zweier UN-Sonderberichterstatter genehmigte die Regierung im März den Betrieb einer Eisenerzmine in Gállok/Kallak in Norrbotten auf Rentierweideland der Sámi.

Im Juli 2022 beauftragte die Regierung den Schwedischen Nationalrat für Verbrechensverhütung damit, eine Studie über Hass und Drohungen gegen Sámi zu erstellen.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Im Juli 2022 schlug die Regierung vor, das Gesetz über die Änderung des amtlichen Geschlechts zu reformieren. Im Gegensatz zu dem im Vorjahr vorgelegten Entwurf blieb der neue Gesetzesvorschlag hinter den Menschenrechtsstandards zurück, da die Änderung des amtlichen Geschlechts eine ärztliche Untersuchung und die Entscheidung eines staatlichen Gremiums erfordern und nicht auf der Selbstidentifikation mit der gewünschten Geschlechtsidentität beruhen würde.

Diskriminierung

Im November 2022 äußerte sich der internationale unabhängige UN-Expertenmechanismus zur Förderung von Rassengerechtigkeit und Gleichbehandlung im Kontext der Strafverfolgung besorgt darüber, dass Schweden auf Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit mit übermäßiger Polizeipräsenz, Überwachung und willkürlichen Personenkontrollen reagierte.

Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht

Im Februar 2022 begann vor dem Bezirksgericht Stockholm das Verfahren gegen zwei Vertreter von Lundin Energy (früher Lundin Oil AB) wegen mutmaßlicher Mittäterschaft an Kriegsverbrechen im Südsudan. Das Verfahren wurde jedoch ausgesetzt, nachdem einer der Angeklagten Rechtsmittel gegen die Anwendung des Weltrechtsprinzips eingelegt hatte. Im November wurden die Rechtsmittel abgewiesen, und das Verfahren konnte wieder aufgenommen werden.

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