Amnesty Report Dänemark 07. April 2021

Dänemark 2020

Demonstrierende Menschen halten rote Herzen in die Kamera

Demonstration in Dänemark gegen Abschiebungen von geflüchteten Menschen nach Syrien (Archivaufnahme vom 19. Mai 2021)

In einem neuen Gesetz wurde Sex ohne Zustimmung als Vergewaltigung eingestuft. Übergriffe gegenüber Angehörigen von Minderheiten nahmen während des landesweiten Corona-Lockdowns zu. Ein diskriminierendes Gesetz über Sozialwohnungen blieb in Kraft. Die Behörden versäumten es, die Rechte von Kindern zu schützen, die mit abweichenden Geschlechtsmerkmalen zur Welt gekommen waren.

Diskriminierung

Im Juni veröffentlichte das Dänische Institut für Menschenrechte eine Erhebung, der zufolge Angehörige von Minderheiten während des Corona-Lockdowns zwischen März und Juni häufiger verbalen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt waren. 

Recht auf Wohnen

Die Regelung L38 aus dem Jahr 2018 über Sozialwohnungen blieb weiter in Kraft, obwohl der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Ausschuss) 2019 empfohlen hatte, das Gesetz zu reformieren. Der WSK-Ausschuss äußerte sich besorgt über stigmatisierende Kategorien wie "Ghetto-Gebiete" und "harte Ghetto-Gebiete" für Wohnviertel, in denen über 50 Prozent der Bewohner_innen einen "nicht-westlichen Hintergrund" haben. Die Polizei besaß die Befugnis, solche Viertel für einen bestimmten Zeitraum als "Zonen mit verschärften Strafen" auszuweisen. Das bedeutete, dass Anwohner_innen und Besucher_innen dort für bestimmte Straftaten doppelt so hart bestraft werden konnten, u. a. für Vandalismus, Körperverletzung, Störung der öffentlichen Ordnung, Brandstiftung, Bedrohung und Erpressung. Bis Ende des Jahres war das Gesetz noch nicht reformiert worden. 

Im Mai 2020 reichten Bewohner_innen eines dieser Viertel, des Sozialwohnungsprojekts Mjølnerparken in der Hauptstadt Kopenhagen, beim Landgericht von Ostdänemark wegen Diskriminierung Klage gegen das Verkehrs- und Bauministerium ein. Im Oktober forderten UN-Expert_innen die Regierung auf, den Verkauf von Mietshäusern in der Gegend vorerst auszusetzen, bis die Gerichte darüber entschieden hätten, ob Gesetze, die den Verkauf gestatten, gegen Menschenrechte der Anwohner_innen verstoßen, u. a. aufgrund des Risikos rechtswidriger Zwangsräumungen, die eine Verletzung ihres Rechts auf angemessenen Wohnraum bedeuten würden. 

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im September 2020 einigten sich die Parteien der Regierungskoalition auf eine parteienübergreifende Vereinbarung, nach der ein auf dem Zustimmungsprinzip beruhendes Gesetz über Vergewaltigung auf den Weg gebracht werden soll. Das Parlament verabschiedete das entsprechende Gesetz am 17. Dezember.

Nach Beginn des Corona-Lockdowns gingen im März bei der landesweiten Hotline "Leben ohne Gewalt" doppelt so viele Anfragen nach sicheren Räumen ein wie zuvor. Im April reagierte das Sozial- und Innenministerium darauf, indem es 55 neue Notfallunterkünfte einrichtete. 

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Obwohl der WSK-Ausschuss 2019 konkrete Empfehlungen abgegeben hatte, schützten die Behörden die Rechte von Kindern mit abweichenden Geschlechtsmerkmalen nicht ausreichend. Säuglinge und Kleinkinder waren nach wie vor in Gefahr, medizinisch nicht notwendigen, invasiven und irreversiblen operativen Eingriffen an ihren Genitalien oder Hormonbehandlungen unterzogen zu werden. 

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im Januar 2020 forderte der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter die Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedingungen in Ellebæk zu verbessern, einem Haftzentrum, in dem Migrant_innen, Asylsuchende und abgewiesene Asylsuchende auf Grundlage der dänischen Zuwanderungsgesetze festgehalten werden. Zum Jahresende waren noch keine nennenswerten Verbesserungen vorgenommen worden. 

Unternehmensverantwortung

Im Januar 2020 verpflichtete sich die Regierung, die Empfehlung des WSK-Ausschusses von 2019 umzusetzen und in Dänemark Gesetze zu verabschieden, durch die Unternehmen verpflichtet werden, bei ihrer Geschäftstätigkeit ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachzukommen. Der WSK-Ausschuss empfahl überdies, Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen haftbar zu machen und Opfern die Möglichkeit zu geben, Rechtsmittel einzulegen. Bis zum Jahresende hatte die Regierung noch keine Schritte unternommen, um die geforderten gesetzlichen Regelungen auf den Weg zu bringen. 

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