Amnesty Russische Föderation 22. Mai 2023

Stiftung Menschenrechte: "Die Arbeit ist schwieriger geworden"

Zwei Puniformierte Polizisten packen einen am Boden knieenden Mann.

Die Stiftung Menschenrechte unterstützt seit vielen Jahren russische Menschenrechtsorganisationen. Ein Gespräch mit Peter Franck, Russlandexperte von Amnesty International in Deutschland.

Wie entstand die enge Zusammenarbeit zwischen der Stiftung und russischen Menschenrechtsorganisationen?

Die deutsche Amnesty-Sektion hat nach der Wende 1989/90 einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit russischen Organisationen gelegt. Viele Menschen aus Russland, die Amnesty zuvor betreut hatte, boten uns Projekte zur Zusammenarbeit an. Wir waren alle sehr enthusiastisch und wollten gemeinsam für eine bessere Zukunft arbeiten. Daraus ergab sich eine enge und vertrauensvolle Kooperation. Es war etwas Besonderes, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die für ihr Engagement teilweise viele Jahre in sowjetischen Gefängnissen verbracht hatten.

Das Thema Russland ist auch ein ganz persönliches Anliegen von Dir. Wie kam das?

Auch das hat mit dieser Zeit zu tun. Mit der Wende entstand das Gefühl, sich in einer historischen Situation zu befinden, die es nur einmal im Leben gibt und die man nutzen muss. Die Erfahrungen, die ich in dieser Zeit gemacht habe, gehören mit zum Besten, was ich in den vergangenen 40 Jahren bei Amnesty erlebt habe.

Wie sah die Zusammenarbeit konkret aus?

Herausragend ist etwa die Zusammenarbeit mit Swetlana Gannuschkina, die sowohl für eine Flüchtlingsorganisation als auch im Menschenrechtszentrum von Memorial arbeitete, solange dies möglich war. Sie erhielt im Jahr 2003 den Amnesty-Menschenrechtspreis, dessen Preisgeld die Stiftung zur Verfügung stellt, und später auch den Alternativen Nobelpreis. Als die Büros von Memorial im Nordkaukasus angezündet wurden, kamen wir für die Renovierungskosten auf. Wir engagierten uns auch bei der Betreuung von Flüchtlingen aus Tschetschenien und haben Konferenzen von Rechtsbeiständen unterstützt, die Flüchtlingen in Russland juristisch helfen. 

Wird das Thema Russland auch in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt eurer Arbeit bilden?

Ja, aber unter völlig veränderten Umständen. Wir haben ja nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg vor allem damit zu tun, die Menschen, mit denen wir jahrelang zusammengearbeitet haben, in irgendeiner Form zu schützen – sei es in Russland selbst, damit sie dort ihre Arbeit fortsetzen können, sei es im Exil. Perspektivisch wird die Herausforderung darin bestehen, die Zusammenarbeit zwischen denen, die bleiben, denen die das Land verlassen, und uns, neu zu justieren. Doch im Moment geht es schlicht darum, Menschen, denen Verfolgung droht, außer Landes zu bringen.  

Nicht alle Aspekte eurer Arbeit lassen sich transparent darstellen. Woran liegt das?

Die zivilgesellschaftliche Arbeit in den Ländern, in denen wir Organisationen unterstützen, ist immer schwieriger geworden. Die Organisationen stehen stark unter Druck, und ihre Verbindungen ins Ausland werden oft kriminalisiert. Natürlich stellen wir unsere Arbeit gegenüber der Stiftungsaufsicht offen, aber eine umfassende Darstellung unserer Tätigkeit in der Öffentlichkeit könnte Menschen gefährden.

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