Amnesty Report Australien 14. Mai 2017

Australien 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Angehörige indigener Bevölkerungsgruppen, insbesondere Kinder, waren in australischen Gefängnissen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung auch weiterhin überrepräsentiert, und Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle in Gewahrsam hielten an. Australien setzte seinen harten Kurs gegenüber Asylsuchenden fort und brachte sie weiterhin in Einrichtungen vor der australischen Küste in Papua-Neuguinea und auf Nauru unter. Asylsuchende, die versuchten, Australien auf dem Seeweg zu erreichen, wurden zurückgewiesen. Neu beschlossene Antiterrormaßnahmen verstießen gegen grundlegende Menschenrechte.

RECHTE INDIGENER BEVÖLKERUNGSGRUPPEN

Im Jahr 2016 wurden minderjährige Angehörige indigener Gemeinschaften 24-mal häufiger inhaftiert als Minderjährige anderer Bevölkerungsgruppen. Trotz der Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes, das Mindestalter für die Strafmündigkeit international auf zwölf Jahre festzulegen, lag es in Australien bei zehn Jahren. In allen Bundesstaaten außer in Tasmanien befanden sich Kinder im Alter von zehn oder elf Jahren in Haft. Fast 75 % von ihnen gehörten der indigenen Bevölkerung an.

Entgegen Artikel 37(c) des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes wurden 17-Jährige im Bundesstaat Queensland nach Erwachsenenrecht verurteilt und mit Erwachsenen inhaftiert. Die Regierung in Queensland verabschiedete im November 2016 ein Gesetz, um dies zu ändern. Im Dezember 2016 befand ein Berufungsgericht im Bundesstaat Victoria, dass die Inhaftierung von Kindern in Gefängnissen für Erwachsene rechtswidrig sei, und ordnete ihre Verlegung in eine Jugendhaftanstalt an. Statt der Anordnung nachzukommen, benannte die Regierung in Victoria einen Teil des Erwachsengefängnisses offiziell in "Jugendhaftanstalt" um.

In den Medien ausgestrahlte Videoaufnahmen zeigten tätliche Angriffe und andere Misshandlungen gegen inhaftierte Kinder im Northern Territory. Ähnliche Fälle wurden auch in Queensland gemeldet. Dies führte zur Einberufung einer Untersuchungskommission zur Überprüfung des Jugendstrafvollzugs im Northern Territory sowie zu einer unabhängigen Prüfung der Jugendhaftanstalten in Queensland.

Indigene Erwachsene wurden 15-mal häufiger inhaftiert als Erwachsene anderer Bevölkerungsgruppen. Mindestens fünf Indigene starben 2016 in verschiedenen Bundesstaaten und Territorien in Gewahrsam.

FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE

Im April 2016 erklärte der Oberste Gerichtshof von Papua-Neuguinea die Inhaftierung von rund 900 Asylsuchenden in australischen Einrichtungen auf der zu Papua-Neuguina gehörenden Insel Manus für rechtswidrig. Zudem ordnete der Gerichtshof die unverzügliche Schließung der Einrichtung an. Bis Ende 2016 hatten weder die Regierung Australiens noch die von Papua-Neuguinea einen Zeitrahmen für die Schließung bekannt gegeben (siehe auch Länderbericht Papua-Neuguinea).

Am 30. November 2016 befanden sich 383 Menschen – 290 Männer, 49 Frauen und 44 Kinder – in einer australischen Einrichtung zur Abwicklung von Asylverfahren auf der Insel Nauru. Dort wurden sie weiterhin gezielter Vernachlässigung und anderen Misshandlungen ausgesetzt, um andere Asylsuchende davon abzuhalten, sich auf dem Seeweg nach Australien aufzumachen (siehe Länderbericht Nauru).

Etwa 320 Personen, die zur medizinischen Behandlung auf das australische Festland gebracht worden waren, mussten weiterhin damit rechnen, nach Nauru oder Manus zurückgebracht zu werden.

Im November 2016 gab die australische Regierung bekannt, dass einige der auf Nauru und Manu inhaftierten Asylsuchenden in die USA umgesiedelt würden.

2016 wurden mindestens drei Boote mit Asylsuchenden direkt nach Sri Lanka zurückgeschickt. Im Juni wurde ein Boot nach Vietnam zurückgeschickt, noch bevor die Asylanträge der Passagiere angemessen geprüft worden waren. Zudem schickten die Behörden eine nicht bekannte Anzahl von Booten nach Indonesien zurück.

Australien hielt an seiner Politik der unbefristeten obligatorischen Inhaftierung von Asylsuchenden fest. Am 1. Juli 2016 waren 1414 Personen auf dem australischen Festland in Hafteinrichtungen für Flüchtlinge und Asylsuchende inhaftiert.

Im September 2015 hatte Australien seine Absicht bekundet, weitere 12000 Resettlement-Plätze für syrische und irakische Flüchtlinge zu schaffen. Gut ein Jahr später, im Dezember 2016, waren fast 8400 Flüchtlinge eingetroffen.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Trotz der überwältigenden Unterstützung in der Öffentlichkeit gab es nach wie vor kein Gesetz zur Gleichstellung von Eheschließungen zwischen gleichge-schlechtlichen Personen. Die geltende Gesetzgebung erlaubt lediglich die Heirat zwischen Mann und Frau.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Es wurden neue Antiterrorgesetze vorgelegt und verabschiedet. Einer der vorgelegten Gesetzentwürfe sah die Inhaftierung von Personen über die Dauer ihrer Strafe hinaus vor. Die Änderung gesetzlicher Bestimmungen gestattet nun die Anwendung von Kontrollmaßnahmen bereits gegen Kinder im Alter von 14 Jahren statt wie bisher erst gegen Jugendliche ab 16 Jahren. Es traten gesetzliche Bestimmungen zur Staatsbürgerschaft in Kraft, durch die Personen von Staatenlosigkeit bedroht sind.

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