Amnesty Report Niederlande 08. Mai 2015

Niederlande 2015

 

Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus waren langen Phasen der Inhaftierung unter extrem harten Bedingungen ausgesetzt. Es gab Bedenken im Hinblick auf die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen nach ethnischen Kriterien durch Strafverfolgungsbehörden.

Rechte von Flüchtlingen und Migranten

Inhaftierung Obwohl die Zahl der in Gewahrsam genommenen Personen allmählich abnahm, waren Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus nach wie vor unverhältnismäßig langen Phasen der Inhaftierung unter extrem strengen Bedingungen ausgesetzt. Im Dezember 2013 legte der Minister für Sicherheit und Justiz Vorschläge zur Reformierung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen vor, welche jedoch im Februar 2014 von Amnesty International und zehn weiteren nichtstaatlichen Organisationen in mehreren Punkten kritisiert wurden.

Im Oktober eröffnete die Regierung eine kinderfreundliche geschlossene Einrichtung für Familien mit Kindern, deren Inhaftierung sie für unvermeidlich erachtete, statt sie in einer gefängnisähnlichen Anstalt festzuhalten.

Abschiebung Im Juni 2014 wies der Staatsrat die Asylanträge dreier Männer aus der Demokratischen Republik Kongo ab. Die Männer hatten vor dem Internationalen Strafgerichtshof in einem Verfahren gegen den früheren Anführer einer kongolesischen Miliz ausgesagt, dem Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt wurden. Die Männer, denen selbst schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden, wurden im Juli in die Demokratische Republik Kongo abgeschoben, obwohl sie dort der Gefahr ausgesetzt waren, gefoltert und zum Tode verurteilt zu werden.

Die Niederlande führten nach wie vor abgelehnte Asylsuchende nach Somalia zurück, entgegen den Richtlinien des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR). In einem Fall vom November 2013 wurde Ahmed Said aus den Niederlanden nach Mogadischu abgeschoben und drei Tage später bei einem Selbstmordattentat verletzt.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Als Reaktion auf eine von der Konferenz Europäischer Kirchen eingebrachte Beschwerde über die Situation von Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus empfahl der Europäische Ausschuss für soziale Rechte den Niederlanden im Oktober 2013, Maßnahmen zu veranlassen, um die Bedürfnisse von Personen zu decken, die akut von Armut bedroht sind. 2014 wurden jedoch keine Schritte unternommen, um diese Empfehlung umzusetzen.

Es gab immer wieder Berichte darüber, dass Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus provisorische Behausungen errichteten und dann von Vertreibung bedroht waren. Im Juni 2014 wurde ein Pilotprojekt in Amsterdam zur Aufnahme abgewiesener Asylsuchender abgebrochen.

Diskriminierung – Personenkontrollen nach ethnischen Kriterien

NGOs sowie zwischenstaatliche Organe äußerten sich nach wie vor besorgt über die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen nach ethnischen Kriterien durch Strafverfolgungsbehörden, insbesondere über das Fehlen eindeutiger Richtlinien zu deren Unterlassung, sowie bezüglich des Sammelns von Daten bei Polizeikontrollen auf der Straße.

Als Reaktion auf Kritik von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz sowie u.a. von Amnesty International lehnten sowohl die niederländische Regierung als auch die niederländische Polizei die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen nach ethnischen Kriterien ausdrücklich als diskriminierend ab.

Internationale Strafverfolgung

Am 6. September 2013 erklärte der Oberste Gerichtshof der Niederlande den niederländischen Staat für den Tod dreier Männer während des Völkermords in Srebrenica im Jahr 1995 für verantwortlich. Niederländische Soldaten, die als Angehörige der UN-Friedenstruppen in Srebrenica im Einsatz gewesen waren, hatten am 13. Juli 1995 drei bosnische Muslime als Teil einer größeren Gruppe von über 300 Männern aus einem "sicheren Gebiet" weggeschickt und sie damit gleichsam den Streitkräften der bosnischen Serben ausgeliefert, welche die meisten der 300 Männer und Jungen töteten.

Im Juli 2014 entschied das Bezirksgericht von Den Haag, dass die Niederlande für den von den Familien der oben erwähnten über 300 Männer und Jungen erlittenen Verlust verantwortlich seien, jedoch nicht für das Handeln der niederländischen Truppen vor dem Fall Srebrenicas oder das Unvermögen dieser Truppen, das "sichere Gebiet" zu halten.

Rechtswidrige Tötungen

Im November 2014 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die niederländische Regierung die Tötung eines irakischen Mannes durch niederländische Armeeangehörige nur unzureichend untersucht und damit das Recht auf Leben des Betroffenen verletzt habe. Es handelte sich um den Fall eines Irakers, der 2004 im Irak von Angehörigen des Militärs erschossen worden war. Der Gerichtshof sprach dem Vater des Opfers eine Entschädigung in Höhe von 25000 Euro zu.

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