Amnesty Report Irland 06. Mai 2015

Irland 2015

 

Das im Januar 2014 in Kraft getretene Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen und die im September veröffentlichten Leitlinien dazu entsprachen nicht den menschenrechtlichen Verpflichtungen Irlands. Transgender hatten erhebliche Probleme, ihr Geschlecht offiziell ändern zu lassen. Der Umgang mit Missbrauchsfällen, die in der Vergangenheit in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen stattgefunden hatten, erfüllte nicht die angemessenen Standards, was die Rechte der Opfer auf Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und Entschädigung betraf.

Sexuelle und reproduktive Rechte

In Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache A, B und C gegen Irland aus dem Jahr 2010 wurde 2013 das Gesetz zum Schutz des Lebens während der Schwangerschaft (Protection of Life during Pregnancy Act) erlassen. Es erlaubt ausdrücklich die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs, wenn eine "reale und substanzielle Gefahr" für das Leben der Schwangeren existiert, und steht damit im Einklang mit der irischen Verfassung.

Doch weder der Gesetzestext noch die im September 2014 veröffentlichten Leitlinien enthielten ausreichende Hinweise für das medizinische Personal, ab wann eine Schwangerschaft als lebensbedrohlich einzustufen ist und wie die Rechte von Schwangeren hinreichend geschützt werden können. Das Ministerkomitee des Europarats, das die Umsetzung des Urteils A, B und C gegen Irland überwachen sollte, beendete seine Prüfung im Dezember.

In allen anderen Fällen blieb ein Schwangerschaftsabbruch auch weiterhin eine Straftat, die mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden kann.

Im Juli 2014 kritisierte der UN-Menschenrechtsausschuss die anhaltende Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch das neue Gesetz sowie die darin vorgesehene aufwendige Untersuchung suizidgefährdeter Schwangerer, durch die deren psychische Belastung noch erhöht werden könnte. Der Ausschuss forderte das Land auf, seine Gesetze und seine Verfassung dahingehend zu reformieren, dass legale Schwangerschaftsabbrüche nach einer Vergewaltigung, in Fällen von Inzest, bei Gefahr für die Gesundheit der Schwangeren und bei schweren Missbildungen des Fötus möglich sind.

Diskriminierung

Transgender Im Dezember 2014 stellte die Regierung einen Gesetzentwurf zur Anerkennung von Geschlechtsidentität vor. Der Vorschlag erfüllte aber nicht die internationalen Menschenrechtsstandards, da er u.a. vorsah, dass Transgender zuerst ihre Ehe oder Partnerschaft auflösen müssen, bevor sie einen Antrag auf Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität stellen können.

Menschen mit Behinderungen Im November 2013 startete eine unabhängige Registrierung und Überprüfung von Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen. Im Dezember 2014 strahlte ein Fernsehsender heimlich aufgenommenes Filmmaterial aus, auf dem zu sehen war, wie drei Menschen in einem Heim misshandelt und ihrer Grundrechte sowie ihres Selbstbestimmungsrechts beraubt wurden. Der Beitrag ließ Befürchtungen aufkommen, dass dies auch in anderen Heimen geschehen könne.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Es dauerte nach wie vor sehr lange, bis die Behörden festgestellt hatten, ob eine Person Anspruch auf Asyl oder andere Schutzformen hatte. Zahlreiche Asylsuchende lebten jahrelang in Erstaufnahmeeinrichtungen, die nicht für einen langen Aufenthalt geeignet waren. Vor allem für Familien, für Minderjährige und für Folteropfer waren diese Einrichtungen unzumutbar.

Gewalt gegen Frauen und Kinder

Im Februar 2013 veröffentlichte die Regierung einen Untersuchungsbericht zur Rolle des Staates bei den Vorfällen in den katholischen Heimen für ledige Mütter (Magdalene Laundries). Doch sowohl der Bericht als auch der kurz danach angekündigte Vorschlag, freiwillige Entschädigungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu bezahlen, erfüllten nicht die angemessenen Standards bezüglich Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung.

Nachdem Vorwürfe über Misshandlungen von Frauen und Kindern in Mutter-Kind-Heimen, die von den 1920er bis zu den 1990er Jahren mit staatlicher Unterstützung von katholischen Orden betrieben worden waren, international Empörung ausgelöst hatten, richtete die Regierung im Juni 2014 eine unabhängige Untersuchungskommission ein.

Rechtliche, verfassungsmäßige und institutionelle Entwicklungen

Im Juli 2014 wurden Rechtsvorschriften zur Schaffung einer neuen nationalen Menschenrechtsinstitution erlassen, der Irischen Menschenrechts- und Gleichstellungskommission (Irish Human Rights and Equality Commission). Sie entstand durch einen Zusammenschluss der bestehenden Menschenrechtskommission und der Gleichstellungsbehörde. Die Rechtsvorschriften verwendeten zwei Definitionen der Menschenrechte und beschränkten die Befugnisse des neugeschaffenen Organs auf eine engere Definition, die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte überwiegend ausschließt.

Die von der Regierung bestellte Verfassungsversammlung legte mehrere Empfehlungen zur Änderung der Verfassung vor, die u.a. die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare bei der Zivilehe und die Abschaffung der Blasphemie als Straftatbestand betrafen. Die Regierung begrüßte die beiden Empfehlungen und sagte zu, darüber 2015 bei einem Referendum abstimmen zu lassen. Im Februar 2014 schlug die Versammlung vor, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in die Verfassung aufzunehmen.

Im September 2014 ratifizierte Irland das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren.

Im Dezember bat die irische Regierung den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, sich erneut mit dem Fall Irland gegen das Vereinigte Königreich zu befassen, in dem 1978 ein Urteil ergangen war. Die richtungsweisende Entscheidung betraf die Folter und Misshandlung von 14 irischen Staatsbürgern, die britische Sicherheitskräfte 1971/72 in Nordirland willkürlich festgehalten hatten (siehe Länderbericht Großbritannien und Nordirland).

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