Amnesty Report Timor-Leste 08. Mai 2012

Timor-Leste 2012

 

Amtliche Bezeichnung: Demokratische Republik Timor-Leste Staatsoberhaupt: José Manuel Ramos-Horta Regierungschef: Kay Rala Xanana Gusmão Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 1,2 Mio. Lebenserwartung: 62,5 Jahre Kindersterblichkeit: 56,4 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 50,6%

Die Verantwortlichen für die schweren Menschenrechtsverletzungen während der indonesischen Besatzung von 1975 bis 1999 befanden sich weiterhin auf freiem Fuß. Es gab Berichte über Menschenrechtsverletzungen, die von Sicherheitskräften verübt wurden, darunter Misshandlungen. Familiäre Gewalt war nach wie vor weit verbreitet.

Hintergrund

Im Februar 2011 verlängerte der UN-Sicherheitsrat das Mandat der UN-Mission in Timor-Leste (UNMIT) um ein weiteres Jahr. Im selben Monat stattete die UN-Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens von Personen dem Land einen Besuch ab. Im Oktober wurde die Lage der Menschenrechte in Timor-Leste im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung (UPR) durch den UN-Menschenrechtsrat bewertet. Dabei stellten mehrere Staaten fest, dass für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen strafrechtlich nicht verfolgt worden waren. Fünf Staaten forderten das Land auf, die Empfehlungen der timoresischen Kommission für Wahrheit und Versöhnung (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliacão de Timor-Leste – CAVR) umzusetzen. Die Regierung von Timor-Leste versprach, den Empfehlungen Rechnung zu tragen.

Straflosigkeit

Ungeachtet der Aktivitäten des UN-Ermittlungsteams zur Untersuchung schwerer Menschenrechtsverletzungen wurden die Verantwortlichen für diese Straftaten weiterhin nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Betroffenen und ihre Angehörigen sowie timoresische NGOs forderten weiterhin Gerechtigkeit für die Opfer der Menschenrechtsverletzungen, die von indonesischen Sicherheitskräften zwischen 1975 und 1999 verübt wurden. Die Regierung trieb jedoch weiterhin den Prozess der Versöhnung mit Indonesien voran – auf Kosten der Gerechtigkeit für die Betroffenen. Es wurde vermutet, dass sich die Mehrheit der mutmaßlichen Täter nach Indonesien abgesetzt hatte.

  • Im Juli 2011 wurde Valentim Lavio, ein ehemaliger Angehöriger der pro-indonesischen Miliz Besi Merah Putih, vom Bezirksgericht Dili zu neun Jahren Haft verurteilt. Er war angeklagt worden, nach dem Unabhängigkeitsreferendum von 1999 einen Mord begangen zu haben, der ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellte. Sein Rechtsmittel wurde am 26. September abgewiesen. Ende des Jahres bestätigten die Behörden, dass er sich noch immer auf freiem Fuß befand und nach Indonesien geflohen war.

Eine Vereinbarung zwischen der Ombudsstelle für Menschenrechte und Gerechtigkeit von Timor-Leste und der Nationalen Menschenrechtskommission von Indonesien lief im Januar 2011 aus. Sie sah vor, die Empfehlungen der CAVR sowie der von beiden Ländern gemeinsam eingerichteten bilateralen Kommission für Wahrheit und Freundschaft (Comissão de Verdade e Amizade – CVA) umzusetzen. Im November wurde das Abkommen erneuert. Es wurden jedoch keine Fortschritte erzielt (siehe Länderbericht Indonesien).

Im Februar wurde die parlamentarische Beratung von zwei Gesetzentwürfen zur Einführung eines Nationalen Programms zur Wiedergutmachung sowie zur Gründung eines "Instituts des Gedenkens" vertagt. Aufgabe des Instituts soll sein, die Empfehlungen der beiden Kommissionen CAVR und CVA umzusetzen. Ende des Jahres stand die Parlamentsdebatte noch aus.

Polizei und Sicherheitskräfte

Im März 2011 übertrugen die UN der Nationalpolizei von Timor-Leste die volle Verantwortung für alle polizeilichen Maßnahmen im Land. Im Laufe des Jahres trafen Berichte über Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. Misshandlungen, durch Angehörige der Polizei und des Militärs ein.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Gewalt im familiären Umfeld wurde nach dem Gesetz gegen häusliche Gewalt von 2010 von den Gerichten verfolgt. Die Anzahl der gewaltsamen Straftaten, die gegen Frauen und Mädchen verübt wurden, war allerdings weiterhin sehr hoch. Nach wie vor wurden einige Fälle durch traditionelle Rechtsverfahren geregelt, bei denen das Opfer keine umfassende Wiedergutmachung erhält.

Amnesty International: Missionen und Bericht

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