Amnesty Report Heiliger Stuhl / Vatikan 11. Mai 2011

Vatikanstadt 2011

Amtliche Bezeichnung: Staat Vatikanstadt Staatsoberhaupt: Papst Benedikt XVI. Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft

Der Vatikan kam 2010 seinen internationalen Verpflichtungen zum Schutz von Kindern nicht in vollem Umfang nach.

Internationale Überwachung der Menschenrechtssituation

Im Mai legte der Vatikan seine ersten Berichte über die Umsetzung der Zusatzprotokolle zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes vor. Eine Prüfung der Berichte durch den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes stand bei Jahresende noch aus. Bis Ende 2010 hatte der Vatikan jedoch weder den seit 1997 ausstehenden zweiten regelmäßigen Bericht zur UN-Kinderrechtskonvention noch den seit 2003 fälligen ersten Bericht zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vorgelegt.

Kinderrechte – Reaktion auf sexuellen Missbrauch an Kindern

In mehreren Ländern traten 2010 in zunehmendem Maße Beweise über jahrzehntelangen und weit verbreiteten sexuellen Missbrauch an Kindern durch Angehörige des Klerus ans Tageslicht. Auch das anhaltende Versagen der katholischen Kirche im ordnungsgemäßen Umgang mit diesen Verbrechen war Gegenstand der Berichterstattung. So unterließ es die Kirche in einigen Fällen, Tatverdächtige bis zum Abschluss sachdienlicher Ermittlungen von ihren Ämtern zu suspendieren, mit den Justizbehörden bei der strafrechtlichen Verfolgung der Täter zu kooperieren und sicherzustellen, dass die Opfer in angemessener Weise entschädigt werden.

Bei Besuchen in Ländern wie Irland, Malta und Großbritannien, aus denen über Missbrauch berichtet worden war, erkannte Papst Benedikt XVI. sexuelle Übergriffe an und drückte sein Bedauern darüber aus. Er betonte, dass "gerechte Strafen" verhängt werden sollten, um den weiteren Umgang der Täter mit jungen Menschen auszuschließen. Darüber hinaus wies der Papst auf die Notwendigkeit hin, die Ausbildung und Auswahl von Priesterkandidaten zu verbessern, um Missbrauch vorzubeugen.

Im März 2010 räumte der Papst in einem Hirtenbrief an die Katholiken in Irland ein, dass "eine unangebrachte Sorge um den Ruf der Kirche und die Vermeidung von Skandalen zum Versagen in der Anwendung bestehender kanonischer Strafen und im Schutz der Würde jeder Person geführt" habe. Er ermahnte die Bischöfe zur vollständigen Umsetzung der Normen des Kirchenrechts im Umgang mit Fällen von Kindesmissbrauch und rief sie auf, "weiter mit den staatlichen Behörden in ihrem Zuständigkeitsbereich zusammenzuarbeiten".

Im Mai 2010 wurden Änderungen der kirchenrechtlichen "Normen über schwerwiegende Straftaten" (Normae de gravioribus delictis) verkündet: Erwerb, Besitz und Weitergabe von Kinderpornographie sowie der Missbrauch von geistig behinderten Menschen wurden zu "Straftatbeständen" erklärt. Höchststrafen dafür sind Amtsenthebung und Zurückversetzung in den Laienstand. Während des laufenden Verfahrens muss Vertraulichkeit gewahrt werden.

Im November unternahmen Vertreter des Vatikans eine "apostolische Reise" nach Irland, um "die Wirksamkeit der Verfahren, mit denen auf Fälle von Missbrauch reagiert, und die Art und Weise, in der Opfern beigestanden wird" zu prüfen. Die Ergebnisse dieses Besuchs sollen 2011 veröffentlicht werden.

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