Amnesty Report 22. Mai 2009

Guinea-Bissau 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Guinea-Bissau Staatsoberhaupt: João Bernardo "Nino" Vieira Regierungschef: Carlos Correia (löste im August Martinho Ndafa Kabi im Amt ab) Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 1,7 Mio. Lebenserwartung: 45,8 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 204/181 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 44,8%

Desolate Wirtschaftsbedingungen und Drogenhandel bedrohten weiterhin die fragile politische und soziale Stabilität des Landes. Es gab Berichte über Putschversuche. Journalisten und Justizbeamte erhielten Morddrohungen im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten. Anstrengungen wurden unternommen, um den Kinderhandel zu bekämpfen.

Hintergrund

Es herrschte nach wie vor weit verbreitete Armut. Im Februar erklärten die Behörden, dass sie 20000 Tonnen an Nahrungsmittelhilfe benötigten. Das Land war jedoch weiterhin politisch so instabil, dass die Geber wenig Bereitschaft zeigten, Hilfe für Nahrungsmittel und soziale Projekte oder für die unbedingt notwendigen Reformen der Streitkräfte und des Sicherheitssektors zur Verfügung zu stellen.

2008 kam es häufig zu Streikaktionen von Angestellten im öffentlichen Dienst und anderen Arbeitnehmern, da ihnen ihre Löhne nicht ausgezahlt worden waren. Im April brach eine Cholera-Epidemie aus, die sich über das ganze Land ausweitete. Als die Epidemie im November schließlich unter Kontrolle gebracht werden konnte, waren mehr als 200 Menschen gestorben. Nach einem UNICEF-Bericht, der im Mai veröffentlicht wurde, wies das Land die sechsthöchste Kindersterblichkeitsrate auf.

Im August löste Präsident João Bernardo "Nino" Vieira das Parlament auf und ernannte eine neue Regierung. Im November 2008 fanden Parlamentswahlen statt. Gewinner der Wahlen war die Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und Kap Verde (Partido Africano da Independência da Guiné-Bissau e Cabo Verde – PAIGC). Der Führer der Partei der Sozialen Erneuerung (Partido da Renovação Social – PRS) behauptete jedoch, dass die Wahlergebnisse gefälscht seien. Obwohl im Dezember Carlos Gomes Júnior mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, stand diese Ende des Jahres noch aus.

Es gab vage und unbestätigte Berichte über einen Putschversuch im August. Im November – zwei Tage, nachdem die Wahlergebnisse bekanntgegeben worden waren – griff eine Gruppe von Soldaten den Präsidentenpalast an. Ein Soldat starb bei dem Angriff und mehrere Mitglieder der Präsidentengarde wurden Berichten zufolge verletzt. Sieben Soldaten wurden festgenommen. Der vermutliche Anführer des Angriffs, ein Neffe des PRS-Führers, floh in den Senegal und wurde dort Berichten zufolge festgenommen.

Drogenhandel war nach wie vor eine der Hauptursachen der Destabilisierung, und weiterhin hieß es, dass Angehörige der Streitkräfte darin verwickelt seien. Im Juli wurde ein Privatflugzeug mit Drogen an Bord auf dem Flughafen in Bissau beschlagnahmt. Soldaten behinderten jedoch Untersuchungen durch die Polizei und hielten sie davon ab, das Flugzeug zu betreten. Fünf lateinamerikanische Besatzungsmitglieder und ein Fluglotse aus Guinea-Bissau wurden festgenommen, gegen Kaution jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt. Die ausländischen Bürger flohen aus dem Land.

Vier Soldaten waren festgenommen worden und befanden sich Ende 2008 noch in Haft, da sie Berichten zufolge der Beteiligung an einem angeblichen Putschversuch im August beschuldigt worden waren. Der mutmaßliche Anführer des Putschversuches, der frühere Stabschef der Marine, floh ins Ausland, wenn auch die Behörden behaupteten, dass er unter Hausarrest gestellt worden sei. Er war immer wieder mit dem Drogenhandel in Verbindung gebracht worden. Im August ratifizierte Guinea-Bissau das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization – ILO) zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war eingeschränkt. Journalisten, die über Drogenhandel berichteten, bekamen Morddrohungen.

  • Im Januar 2008 erhielt der Journalist Alberto Dabo anonyme telefonische Morddrohungen, einige Tage nachdem er den damaligen Stabschef der Marine auf der Straße getroffen hatte. Alberto Dabo gab an, dass der Marineoffizier bei dieser Gelegenheit seine Faust in bedrohlicher Weise gegen ihn erhoben habe. Alberto Dabo hatte zum ersten Mal im Juni 2007 Drohungen erhalten, nachdem er den Marineoffizier beschuldigt hatte, in den Drogenhandel verwickelt zu sein. Im August 2007 verklagte der Offizier den Journalisten, doch Ende 2008 war das Verfahren noch schwebend.

  • Der Journalist Athizar Mendes Pereira wurde im März 2008 festgenommen und mehrere Stunden lang vom Geheimdienst des Innenministeriums verhört. Er hatte zuvor einen Artikel geschrieben, in dem er erwähnte, dass der Stabschef der Streitkräfte sich das Recht herausnehme, eigenmächtig Polizisten zu befördern. Sechs Stunden später wurde der Journalist ohne Anklageerhebung freigelassen.

Morddrohungen gegen Justizvertreter

Im Juli erklärten der Generalstaatsanwalt und der Justizminister, dass sie Morddrohungen erhalten hätten, die sie veranlassen sollten, ihre Ermittlungen im Fall eines Kokaintransportes einzustellen. Beide hatten hochrangige Personen aus Politik, Militär und Sicherheitsdiensten beschuldigt, in diesen Handel verwickelt zu sein und ihre Ermittlungen zu stören.

Kinderhandel

Berichte über Kinderhandel nahmen um etwa 45% ab, da besser koordinierte Anstrengungen zur Beendigung dieses Deliktes unternommen wurden. Entlang der Grenze zwischen Guinea-Bissau und dem Senegal wurden Überwachungskomitees eingerichtet, an denen lokale Einwohner, Nichtregierungsorganisationen, Lastwagenfahrer und Behörden beteiligt waren. Im April wurden Berichten zufolge neun Kinder aus Guinea-Bissau auf den Straßen Dakars im Senegal aufgefunden und befreit.

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