Aktuell Blog 31. Mai 2022

Privatsphäre: Du benutzt Facebook, Google & Co? Das ändert sich jetzt für dich.

Das Bild zeigt eine Smartphone und die Apps Facebook, Twitter, Instagram

Die Rechte der Nutzer_innen von Apps wie Instagram, Facebook und Twitter sollen durch den Digital Services Act der Europäischen Kommission besser geschützt werden.

Mit dem Digital Services Act und dem Digital Markets Act hat die Europäische Kommission die Rechte von Verbraucher_innen deutlich gestärkt und sich so gegen den Einfluss von großen Digital-Unternehmen wie Meta und Google behauptet. Ob Cookie-Banner, Browserverlauf oder Messengerdienste – diese Änderungen können User_innen erwarten.

Die EU-Kommission hat schon vor längerer Zeit angekündigt, die Europäische Union "fit für das digitale Zeitalter" machen und dabei vor allem große Tech-Unternehmen stärker regulieren zu wollen. Gleich mehrere Gesetze zu verschiedenen Aspekten einer digitalen Gesellschaft sind in Arbeit – zum Beispiel zur Regulierung von künstlicher Intelligenz oder zu E-Identitäten.

Doch ein Meilenstein zum Schutz der Verbraucher_innen sowie Regulierung von großen Tech-Unternehmen stellen zweifellos der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) dar. Die Gesetze regeln – zum Teil erstmalig – wie der Zugang zu Plattformen und deren Inhalte auszusehen haben. Aufgrund der umfassenden Reformen wird der DSA deswegen auch als das "Grundgesetz des Internets" bezeichnet. Beide Gesetzestexte sind so gut wie fertig. Dass das Europäische Parlament und der Rat ihnen zustimmen gilt als Formsache.

Die größte Neuerung besteht darin, dass Plattformen nun grundsätzlich in die Pflicht genommen werden. Sie müssen sich die systemischen Auswirkungen ihrer Dienste auf die Demokratie und die Menschenrechte auseinandersetzen, diese bewerten und möglichen Schäden entgegenwirken – und beispielsweise illegale und schädliche Inhalte schneller entfernen. Außerdem soll mehr Transparenz geschaffen werden: Die Politik, Wissenschaftler_innen und auch zivilgesellschaftliche Organisationen erhalten Zugriff auf die Daten.

Was ändert sich konkret für User_innen zum Beispiel von Meta-Plattformen wie Facebook und Instagram, oder Google-Anwendungen wie YouTube? Hier einige Beispiele:

Ein Verbot von sogenannten "Dark Patterns"

Klingt nach Darth Vader, gemeint ist aber manipulatives Design zum Beispiel auf einer Webseite. So verstecken Cookie-Banner oft visuell, wo man draufklicken muss, um eben nicht alle seine Daten preiszugeben, während der Button "allem zustimmen und mein Erstgeborenes könnt ihr auch haben" groß, hell und grün leuchtet. Auf ähnliche Weise werden User_innen z.B. auch zu Kaufentscheidungen gedrängt.

Damit soll jetzt Schluss sein, und solche manipulativen Muster werden verboten. Was hier versemmelt wurde: Noch besser wären natürlich gar keine Cookie-Banner, indem User_innen per Browser-Einstellung einfach die eigenen Präferenzen festlegen könnten und nicht auf jeder Webseite neu zustimmen müssten. Hoffentlich wird dieser Fehler in der nächsten Verordnung behoben. Bis dahin müssen wir uns noch eine Weile durchklicken.

Amnesty-Tweet über den Digital Services Act:

Twitter freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Twitter her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Ausschluss von sensiblen Daten bei Tracking-Werbung

Normalerweise tracken die allermeisten Webseiten unsere Handlungen online, über Webseiten, Apps und auch Geräte hinweg. Insbesondere Plattformen bündeln diese Daten und erstellen Profile über jede Person und nutzen diese, um extrem personalisierte Werbung auszuspielen. Zusammen mit der Tracking Free Ads Coalition hat sich Amnesty dafür stark gemacht, dass solche Arten von Überwachungswerbung ganz verboten werden. Ein solches Verbot hat es leider nicht in die Gesetzgebung geschafft. Immerhin werden solcher Werbung jetzt Grenzen gesetzt. Empfindliche Daten wie sexuelle Orientierung, politische Anschauungen oder Religionszugehörigkeit dürfen nicht mehr für Werbezwecke verarbeitet werden. Ebenso sollen Minderjährige nicht diese Art von personalisierter Werbung erhalten.

Transparenz & Reihenfolge von Feeds

Dass der individuelle Feed bei jeder Person etwas anders ausschaut, dürfte bekannt sein. Aber es ist nicht immer ganz klar, warum einen ausgerechnet diese Inhalte gezeigt werden. Zwar können User_innen jetzt schon den eigenen Feed anpassen indem sie einzelne Inhalte verbergen lassen, aber standardmäßig werden uns Inhalte in einer Auswahl und Reihenfolge angezeigt, die sich auf dem Sammeln von Daten stützt. Jetzt soll zum einen nachvollziehbarer werden, auf Grundlage von welchen Daten und den User_innen zugeschriebenen Eigenschaften etwas angezeigt wird, zum anderen bekommen User_innen auch mehr Kontrolle über den eigenen Verlauf: Als User_in kann ich zum Beispiel wählen, Posts in einer chronologischen Reihenfolge, oder auf Grundlage von mir festgelegten Interessen angezeigt zu bekommen.

Inter-Operabilität bei Messenger-Diensten

Nicht wenige von uns haben gleich mehrere Messenger Apps auf dem Handy: Familienchat auf Whatsapp, Lerngruppe bei Signal, WG-Absprachen bei Telegram und die eine Freundin, die nur Threema nutzt. Statt sich für den einen Messenger-Dienst zu entscheiden, der meinen Präferenzen (und Anforderungen an Datenschutz!) passt, bin ich gezwungen, das Medium meiner Freund_innen zu nutzen, um nicht außen vor zu bleiben. Künftig soll es aber möglich sein, einfache Textnachrichten quer über Messenger hinweg zu schicken und zu empfangen, ähnlich wie es bei E-Mails egal ist welches Programm oder Provider ich nutze. Für die Zukunft behält sich die Kommission vor, diese Verpflichtung auch für andere Plattformen und Dienste einzuführen. TikToks auf Insta schauen oder Tweets über Mastodon lesen? In einigen Jahren könnte genau das möglich werden.

Klingt alles ziemlich gut, oder? Natürlich kommt jetzt alles auf die Umsetzung und Durchsetzung an. Es liegt an der EU-Kommission und den EU-Mitgliedsstaaten, also hier in Deutschland an der Bundesregierung, die Regelungen des DSA und DMA  konsequent durchzusetzen. Dazu gehört auch die Schaffung einer unabhängigen Behörde mit ausreichender Autorität und Ressourcen, sonst sind die Gesetze das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen.  

Wir bleiben dran, denn dieser Schritt hin zu einem Internet mit mehr Transparenz und Autonomie für User_innen und Schutz der Menschenrechte ist zu wertvoll, um ihn gleich nach Verabschiedung des Gesetzes wieder zu verspielen.

Weitere Artikel