Amnesty Journal 26. Dezember 2023

Hamas ermordet Friedensaktivist*innen

Das Bild zeigt ein zerstörtes Auto und ein Kinderwagen

Die Hamas tötete in Israel am 7. Oktober rund 1.200 Menschen und nahm mehr als 200 Geiseln. Seither greift die israelische Armee den Gazastreifen an. Unter den Getöteten und Verschleppten waren viele Aktivist*innen, die sich für Menschenrechte und einen Ausgleich mit den Palästinenser*innen eingesetzt haben.

Von Yariv Mohar

Am 7. Oktober nahmen die Hamas und andere palästinensische bewaffnete Gruppen mehr als 200 Menschen in Israel als Geiseln und töteten rund 1.200 Menschen. Unter den Geiseln befinden sich Kinder, Kleinkinder, Babys und ältere Menschen sowie ausländische Staatsangehörige. Auch palästinensische Staatsbürger*innen Israels wurden entführt (und einige auch getötet), obwohl sie die gleiche Nationalität und Religion wie die Hamas-Kämpfer*innen haben. Die verschiedenen Identitäten der Geiseln sind ein Beleg dafür, wie wahllos und skrupellos dieser Anschlag war. 

Zu den Geiseln und Todesopfern zählen auch Menschenrechtsverteidiger*innen, die sich angesichts der israelischen Unterdrückungspolitik und des Apartheidsystems für die Rechte von Palästinenser*innen einsetzten. Zu nennen ist hier Vivian Silver, eine kanadisch-israelische Menschenrechtlerin und Friedensaktivistin. Silver war Vorstandsmitglied der bekannten Menschenrechtsorganisation B’Tselem und arbeitete für weitere Organisationen, die für Menschenrechte und sozialen Wandel eintreten. Unter den Todesopfern ist auch der Wissenschaftler Hayim Katsman, der sich für Frieden und Menschenrechte engagierte. Sein Bruder erklärte, die israelische Regierung dürfe die Tötung von Hayim nicht als Rechtfertigung für die Tötung unschuldiger Menschen im Gazastreifen nutzen. 

Eine menschenrechtsorientierte Haltung verpflichtet uns, die Ursachen dieser Gewalt anzuerkennen und zu beseitigen: das System der Unterdrückung durch Israel, aber auch die Auslöschungsideologien der Hamas und anderer palästinensischer wie jüdischer extremistischer Gruppen.

Unter den Entführten befand sich die deutsch-israelische Pazifistin und Militärdienstverweigerin Shani Louk. Sie erlag Berichten zufolge ihren Verletzungen. Ebenfalls entführt wurde die 19-jährige Friedensaktivistin Naama Levy, die sich für das Projekt Hands of Peace engagierte. Videoaufnahmen zeigen, wie Levy in Gaza in ein Auto gezwungen wird. Ihre Hose ist blutbeschmiert, was den Verdacht nahelegt, dass sie vergewaltigt oder anderweitig misshandelt wurde. 

Der 79-jährige Haim Perry aus dem Kibbutz Nir Oz war Teil der Bewegung The Road to Recovery, deren ehrenamtliche Helfer*innen erkrankte palästinensische Kinder, die aufgrund der mangelhaften Gesundheitsversorgung nicht in den palästinensischen Gebieten behandelt werden können, in israelische Krankenhäuser transportieren. Außer Perry entführte die Hamas weitere Freiwillige der Organisation aus derselben Gegend: unter anderem Oded und Yochke Lipshitz sowie Tammy Sohman. 

Dies sind nur einige Beispiele von Menschenrechtler*innen, die bei dem Massaker von der Hamas entführt oder getötet wurden. Obwohl sie sich gegen das System der Unterdrückung und Beherrschung stellten, das Israel den Palästinenser*innen unterschiedslos auferlegt hat, zahlten sie den höchsten Preis in diesem Konflikt. Eine menschenrechtsorientierte Haltung verpflichtet uns, die Ursachen dieser Gewalt anzuerkennen und zu beseitigen: das System der Unterdrückung durch Israel, aber auch die Auslöschungsideologien der Hamas und anderer palästinensischer wie jüdischer extremistischer Gruppen.

Yariv Mohar ist Programmdirektor von Amnesty International Israel. 

Unterschiedliche Perspektiven zu präsentieren, ist das Ziel unserer Berichterstattung über den Nahostkonflikt. Mit unseren Beiträgen wollen wir zu einer offenen, konstruktiven und sachlichen Debatte beitragen. Lesen Sie zum Nahost-Konflikt auch unser Interview zur Situation in Gaza.

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