Aktuell Ukraine 22. August 2023

Ukraine: Russisches Gericht muss ukrainischen Menschenrechtsverteidiger Maksym Butkevych freilassen

Ein Mann sitzt an einem Tisch und blickt nach rechts aus dem Bild raus. Sein rechter Unterarm und Handgelenk sind bandagiert. Es ist Maksym Butkevych.

Maksym Butkevych, bevor er von russischen Streitkräften gefangen genommen und verurteilt wurde (Archivaufnahme vom Mai 2021).

+++ Aktualisierung +++ Das Moskauer Berufungsgericht hat die 13-jährige Haftstrafe gegen Maksym Butkevych am Dienstag, 22. August 2023 bestätigt. Amnesty International kritisiert diese Entscheidung als einen schweren Fehler und großes Unrecht. Weitere Informationen auf amnesty.org

Am 22. August findet in Moskau die Anhörung im Rechtsmittelverfahren gegen die lange Haftstrafe für den ukrainischen Menschenrechtsverteidiger Maksym Butkevych statt. Amnesty International fordert die Aufhebung des Urteils. Die Entscheidung, ihn für 13 Jahre ins Gefängnis zu schicken, traf der sogenannte Oberste Gerichtshof im russisch besetzten Luhansk in der Ukraine. Maksym Butkevych soll damit für ein Verbrechen bestraft werden, das er, wie Beweise zeigen, nicht begangen haben kann.

"Ein Gericht in Moskau wird nun das Rechtsmittel gegen das in einem geheimen Scheinprozess gefällte Urteil gegen Maksym Butkevych prüfen. Er hatte während des Prozesses keinen Kontakt zur Außenwelt, auch nicht zu seinem Rechtsbeistand, und wurde offenbar gezwungen, in einem Video ein Verbrechen zu gestehen, das er schlicht nicht begangen haben kann", sagte Denis Krivosheev, stellvertretender Regionaldirektor für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International.

In den Berichten über das Strafverfahren gegen Maksym Butkevych findet sich nichts, was ihn plausibel mit dem angeblichen Verbrechen in Verbindung bringen würde, abgesehen von seiner auf Video aufgezeichneten selbst belastenden Aussage, die alle Merkmale eines unter Folter oder anderen Formen von Zwang erzwungenen Geständnisses aufweist. Alle bekannten Einzelheiten seiner Gefangenschaft und seines Prozesses deuten durchweg auf zahlreiche Verletzungen seiner Menschenrechte hin, einschließlich seines Rechts auf ein faires Verfahren, sowie auf Verletzungen seiner Rechte als Kriegsgefangener nach dem humanitären Völkerrecht.

Vor dem Krieg in der Ukraine leitete Maksym Butkevych eine ukrainische NGO, die Flüchtlingen hilft, in der Ukraine Schutz zu finden. Maksym Butkevych war mehrere Jahre lang als Journalist und Menschenrechtsaktivist tätig. Neben seinen zahlreichen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten war er mehrere Jahre lang Mitglied des Vorstands von Amnesty International Ukraine. 2008 war er Mitbegründer und Leiter des Projekts Bez Kordoniv, das zu einer der bekanntesten NGO-Initiativen der Ukraine wurde und Flüchtlinge und Staatenlose dabei unterstützt, in der Ukraine ein neues Zuhause und Schutz zu finden. Außerdem war er Mitbegründer von Hromadske Radio, dem öffentlichen Radiosender der Ukraine, und der bekannten Menschenrechts-NGO Zmina. Er ist nach wie vor sehr präsent in den Medien und hat mehrere Medieninitiativen unterstützt, die sich mit Menschenrechten befassen. Er hat sich unermüdlich gegen Rassismus und alle Formen der Diskriminierung eingesetzt. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine meldete sich Maksym Butkevych freiwillig zu den ukrainischen Streitkräften und wurde zum Kommandeur eines Zuges ernannt. Seine Einheit wurde später an der Front von russischen Truppen gefangen genommen.

"Seit seiner Festnahme wurde Maksym Butkevych von den russischen Medien und den russischen Behörden in Moskau in jeder Weise verleumdet und als Verbrecher dargestellt, der Zivilpersonen töten will. Maksym Butkevych als Kriegsgefangenem vorsätzlich das Recht auf ein faires Verfahren vorzuenthalten, stellt an sich schon ein Kriegsverbrechen dar", so Denis Krivosheev.

Das Berufungsgericht muss die Entscheidung, Maksym Butkevych für 13 Jahre zu inhaftieren, aufheben und ihn aus der vom sogenannten Obersten Gericht in Luhansk verhängten Haft entlassen. Der Scheinprozess gegen Maksym Butkevych und seine Behandlung seit der Gefangennahme sind eine Repressalie Russlands wegen seines Aktivismus und seiner bekannten Menschenrechtsarbeit, und das wäre auch jeder Ausgang der Berufungsverhandlung, der nicht die Aufhebung des früheren Urteils ist.

Hintergrund:  

Die Familie, Freund*innen und Kolleg*innen von Maksym Butkevych haben eine Kampagne für seine Freilassung ins Leben gerufen: #FreeMaksymButkevych. Wie die große Mehrheit der ukrainischen Kriegsgefangenen, die von den russischen Streitkräften und ihren Unterstützer*innen festgehalten werden, hat Maksym Butkevych nur begrenzten Kontakt zur Außenwelt. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass er, wie viele andere ukrainische Kriegsgefangene, die von Russland festgehalten werden, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt war, deren Einzelheiten in der Erklärung "Ukraine: Russlands Repressalien gegen prominente ukrainische Menschenrechtsverteidiger*innen, die sich den Streitkräften der Ukraine angeschlossen haben" aufgeführt sind.

Unter Verletzung des humanitären Völkerrechts hat Russland dem Internationales Komitee vom Roten Kreuz trotz dessen eigener beharrlicher Forderung und der Forderung der UN und anderer Beteiligter immer wieder den ungehinderten und wiederholten Zugang zu den Kriegsgefangenen verweigert. Russland hat den ukrainischen Kriegsgefangenen vorsätzlich das Recht auf ein faires und ordentliches Verfahren vorenthalten, dies stellt ein Kriegsverbrechen dar und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Russland muss sich uneingeschränkt an das internationale Besatzungsrecht halten. Es muss seinen Krieg und jegliche Aggressionen gegen die Ukraine sofort beenden. Russland muss alle Betroffenen von in der Ukraine von seinen Streitkräften begangenen Völkerrechtsverbrechen vollständig und angemessen entschädigen.

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