Pressemitteilung Aktuell 30. April 2020

"Ich werde bestraft, weil ich ein furchtloser Gewerkschafter bin"

Foto eines Protests: Mehrere Männer mit Nationalflaggen von Venuezuela, im Vordergrund ein Mann mit erhobener Faust

Anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai ruft Amnesty International zum Einsatz für verfolgte Gewerkschafter_innen auf.

"Ich werde bestraft, weil ich ein furchtloser Gewerkschafter bin", sagte Rubén González als er im August 2019 zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt wurde. Der venezolanische Gewerkschaftsaktivist hatte sich immer wieder friedlich für die Arbeitsrechte im staatlichen Eisenbergbau-Unternehmen Ferrominera del Orinoco eingesetzt. Er kritisierte öffentlich die Politik der venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und Nicolás Maduro. Nun sitzt er seit Monaten in Haft – obwohl die venezolanische Verfassung die Gründung und Arbeit von Gewerkschaften schützt.

Porträtfoto von Rubén González in gelb-schwarz gestreiftem Hemd

Der venezolanische Gewerkschaftsaktivist Rubén Gonzalez

 

Rubén leidet seit Jahren an Niereninsuffizienz und Bluthochdruck, doch wird ihm im Gefängnis keine ausreichende medizinische Versorgung gewährt. Wenn er nicht sofort Hilfe erhält, ist sein Leben in Gefahr. Amnesty International fordert daher seine umgehende und bedingungslose Freilassung.

Das Schicksal von Rubén González ist leider keine Ausnahme. In vielen Ländern werden mutige Gewerkschafter_innen zum Ziel von staatlichen Repressionen und Schikanen. Aktuell setzt sich Amnesty International denn auch für die chinesische Arbeitsrechtlerin und Feministin Li Qiaochu ein. Sie ist seit Mitte Februar an einem unbekannten Ort inhaftiert. Amnesty geht davon aus, dass ihre Festnahme mit ihren Aktivitäten gegen geschlechtsspezifische Gewalt und mit der Tatsache zu tun hat, dass ihr Partner Xu Zhiyong im Dezember 2019 an einem informellen Treffen von Anwält_innen und Aktivist_innen teilgenommen hat. Es besteht große Sorge, dass Li Qiaochu gefoltert oder auf andere Weise misshandelt wird.

Keine Einzelfälle

Zu aktuell verfolgten Gewerkschafter_innen zählen auch Esmail Abdi und Jafar Azimzadeh, die beide willkürlich im Iran inhaftiert sind. Abdi, Mathematiklehrer und Vorsitzender der Lehrergewerkschaft (ITTA), ist im Februar 2016 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Angeklagt wurde er wegen der Organisation friedlicher Demonstrationen von Lehrkräften gegen ihre schlechte Bezahlung und den niedrigen Bildungsetat sowie gegen die Inhaftierung von Gewerkschaftsmitgliedern. Jafar Azimzadeh, Vorsitzender der 'Freien Arbeitergewerkschaft im Iran', wird ebenfalls wegen seines friedlichen gewerkschaftlichen Engagements verfolgt. Im März 2015 wurde Azimzadeh nach einem unfairen Verfahren vor einem Revolutionsgericht in Teheran zu sechs Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sprach ihn der "Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" und der "Verbreitung von Propaganda gegen das System" für schuldig. 

Zwei Männer sitzen lächelnd auf einem Sofa

Die iranischen Gewerkschafter Jafar Azimzadeh (links) und Esmail Abdi

 

Amnesty International fordert die unverzügliche Freilassung aller hier aufgeführten Gewerkschafter_innen, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die einzig aufgrund ihrer friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten inhaftiert sind.

Amnesty International beobachtet neben diesen Einzelfällen auch Gefährdungen ganzer Gruppen, etwa der Tausenden Textilarbeiter_innen in Ägypten. Ihnen droht inmitten der Ausbreitung des Coronavirus gerade der Verlust ihrer Arbeit, die Kürzung des Einkommens oder ohne Schutzausrüstung arbeiten zu müssen. In Katar sind ausländische Arbeitskräfte besonders schwer von der Ausbreitung der COVID19-Pandemie betroffen: Sie sind dort in lagerartigen Massenunterkünften untergebracht und haben keinen Zugang zu angemessener Wasser- und Sanitärversorgung. In der Türkei werden Gewerkschafter_innen mit dem "Terrorismus"-Vorwurf verfolgt und sind von Festnahmen und Strafverfahren bedroht.

Amnesty International bei Live-Sendung des Deutschen Gewerkschaftsbundes

In diesem Jahr wird es wegen der Corona-Krise erstmals seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Jahr 1949 keine offiziellen Demonstrationen und Kundgebungen am 1. Mai geben. Der DGB veranstaltet jedoch eine Live-Show, die im Internet übertragen wird. Neben Statements von Gewerkschafter_innen und Solidaritätsbotschaften aus ganz Deutschland werden Gäste sprechen – darunter der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko.

 

Mit ihrer Teilnahme an der zentralen DGB-Veranstaltung unter dem Motto "Solidarisch ist man nicht alleine" will Amnesty International auf die Menschen aufmerksam machen, die sich überall auf der Welt für den Einsatz für faire Löhne und gerechte Arbeitsbedingungen in große Gefahr begeben. Denn auch Arbeitnehmer_innenrechte sind Menschenrechte!

 

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